Der Montagekran hat die Brückenträger eingesetzt. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

An der Landesbibliothek wurden die Träger für die Brücke zwischen Alt- und Neubau eingefügt, doch der Ärger wächst. Der Direktor spricht sogar von einer „Horrorvorstellung“.

Stuttgart - Punkt 5 Uhr hat der riesige Montagekran von der gesperrten Ulrichstraße her die Arbeit aufgenommen, drei Stunden später schwebt der zweite Brückenträger heran und wird punktgenau auf die Querträger an Alt- und Neubau gesetzt: „Das ist Millimeterarbeit“, sagt Hannsjörg Kowark, Direktor der Württembergischen Landesbibliothek (WLB), und fügt hinzu: „Die Brücke in die Zukunft!“

Kowark hat Freude an der Symbolik der Aktion. Aber nur für einen Augenblick, denn die Brücke ist nicht nur eine baulich wichtige Verbindung zwischen den beiden Gebäuden, sie spiegelt auch deren untrennbaren funktionalen Zusammenhang. So rückt bei Kowark sofort wieder in den Vordergrund, woran es bei der größten wissenschaftlichen Bibliothek des Landes mit zunehmender Dramatik hakt: „Wir haben immer noch kein Konzept für die Sanierung des Bestandsgebäudes.“

Sanierung im Betrieb? Horrorvorstellung

Im Sommer hatte das Finanzministerium als Hausherr der Bibliothek das Konzept für diesen Herbst zugesagt: „Jetzt soll es im ersten Quartal 2018 kommen“, berichtet Kowark, „uns aber läuft die Zeit davon.“ Denn dabei geht es um eine Grundsatzentscheidung: Räumung und Sanierung en bloc oder scheibchenweises Vorgehen im Betrieb. Im ersten Fall werden drei bis vier Jahre veranschlagt, im zweiten bis zu acht. Der Direktor ist alarmiert, auch angesichts dieser Entwicklung: „Erstmals geht die Zahl der Nutzungen zurück, was sehr wahrscheinlich am Baulärm liegt.“

Auch deshalb ist für Kowark eine Sanierung im Betrieb eine „Horrorvorstellung“: „Wir können uns das nicht leisten. Als Universitätsbibliothek sind wir eine Versorgungseinrichtung für die Hochschulregion Stuttgart. Es ist gravierend, wenn diese über einen so langen Zeitraum nur fragmentarisch funktioniert.“ Eine schnelle Entscheidung wäre auch mit Blick auf den Erweiterungsbau zwingend, der im zweiten Quartal 2019 in Betrieb gehen soll: „Wenn am Stück saniert wird, was ich für unverzichtbar halte, dann müssen wir im vierten Stock des Neubaus zum Beispiel einen Lesesaal einrichten, außerdem müssten wir Ausgleichsflächen anmieten. Nichts davon können wir aktuell planen.“

Kowark versteht Zögern nicht

Kowark betont: „Die Bibliothek ist ein hochkomplexes Informationsinstrument. Wir sind die letzte Landesbibliothek, die das Magazin geschlossen und nicht in Freihand hat. Sechs Millionen Medieneinheiten! Wir brauchen den Qualitätssprung über die funktionierende Einheit von Alt- und Neubau. Und wir brauchen ihn schnell.“ Seit zwei Jahren weise man das Ministerium darauf hin: „Aber nichts passiert. Dieses Zögern ist nicht zu verstehen. Wenn ich so ein Großprojekt beginne, muss ich es auch konsequent zu Ende führen.“