Foto: Leif Piechowski

StN-Interview - Er mag Mitarbeiter, die sich etwas trauen. Frisch im Amt spricht der neue L-Bank-Chef, Axel Nawrath, über das, was ihm imponiert und über den Mut, der nötig ist, Frauen im Job voranzubringen.

Stuttgart - Er mag Mitarbeiter, die sich etwas trauen. Frisch im Amt spricht der neue L-Bank-Chef, Axel Nawrath, über das, was ihm imponiert und über den Mut, der nötig ist, Frauen im Job voranzubringen.
 
Herr Nawrath, wenn man etwas über einen Menschen erfahren möchte, ist ein Blick auf seinen Schreibtisch ganz interessant. Wie sieht Ihrer aus? Sind Sie eher der akkurate Typ, oder lieben Sie das Chaos?
Weder noch. Mein Schreibtisch sieht ganz normal aus. Ich habe einfach Vorgänge, die ich abarbeite. Morgens ist mein Schreibtisch voll, und abends ist er leer.
Was reizt einen Banker, von Frankfurt, dem wichtigsten deutschen Finanzzentrum, nach Karlsruhe und Stuttgart zu wechseln?
Ich habe das Angebot bekommen, hier Vorsitzender des Vorstands zu werden. Das fand ich spannend. Ich bin Förderbanker und möchte gar nichts anderes sein. An einem super Standort wie Baden-Württemberg zu arbeiten ist reizvoll – auch, weil man in einem regionalen Institut eine andere Nähe zu den Kunden hat als in einer bundesweit aufgestellten Bank. Mir hat imponiert, dass die jetzige Landesregierung und insbesondere auch unser Verwaltungsratsvorsitzender Minister Schmid den Aktivposten Staatsbank auch bankfachlich sehr ernst nimmt und der Bank ermöglicht hat, ihr Eigenkapital zu stärken.
Sind Sie nach Stuttgart oder Karlsruhe gezogen, oder pendeln Sie?
Wir haben eine Wohnung in Karlsruhe genommen, denn der Sitz der Bank ist Karlsruhe. Meine Frau arbeitet in Berlin. Wir haben entschieden, unsere gemeinsame Zeit abwechselnd in Berlin und Karlsruhe zu verbringen. Für uns ist Karlsruhe ein sehr liebenswerter Platz, um zu leben. Wir haben uns alte Fahrräder gekauft und erkunden am Wochenende die Stadt – obwohl ich bekannterweise ein Autofan bin und neben moderner und junger Kunst auch Autos sammle. Aber ich fahre auch mit dem Fahrrad zur Bank. Die Karlsruher haben eine angenehme Unaufgeregtheit und Freundlichkeit. Wir sind gerne hier.
Verbinden Sie etwas mit Stuttgart?
In Stuttgart sitzt mein Eigentümer, hier ist ein weiterer Standort der L-Bank mit mehr als 200 Mitarbeitern. Wir haben im Vorstand verabredet, dass wir einmal im Monat eine Vorstandssitzung in Stuttgart machen. Ich habe auch Freunde in Stuttgart, aber darüber hinaus habe ich noch keinen persönlichen Bezug zur Stadt.
Worauf müssen sich die Mitarbeiter bei Ihnen einstellen?
Ich mag Mitarbeiter, die nachdenken, auch über das, was sie schon immer tun, die sich etwas trauen und sich etwas Neues ausdenken. Das finde ich gut. Wir haben mit dem Vorstand einen Strategieprozess aufgesetzt, an dem sich unsere Mitarbeiter beteiligen sollten. Diese haben 300 Vorschläge eingereicht, das finde ich spannend. Das zeigt, dass hier viel Potenzial schlummert und dass eine hohe Zahl von Mitarbeitern sich sehr mit der L-Bank identifizieren und stolz sind, hier zu arbeiten.
Inwieweit verstehen Sie Ihr Vorstandsamt als politisches Amt, und welche Bedeutung hat das für Ihr Tun?
Man muss zwei Dinge völlig trennen. Der Vorstandschef einer Staatsbank tut gut daran, das politische Geschäft zu verstehen. Es ist die Schnittstelle zu seinen Anteilseignern und Auftraggebern. Dass ich SPD-Mitglied bin, ist bundesweit bekannt. Aber für meine Tätigkeit als Bankvorstand spielt das keine Rolle. Eine Förderbank ist Dienstleister zur Umsetzung von Zielen der Landesregierung.
Wie wichtig sind Frauen für Sie? Die KfW hat Preise abgeräumt für Frauenförderung. Muss man als Bundesinstitut solche Programme auflegen, oder stehen Sie dahinter?
Die KfW hat extrem viel getan, um Frauen nach vorne zu bringen. In meinem Dezernat habe ich dazu besonders beigetragen. Ich habe das aus voller Überzeugung gemacht. Sie müssen Bedingungen schaffen, damit Frauen sich zutrauen, Führungsaufgaben zu übernehmen. Ich habe in der KfW unter anderem mit dem Instrument der Doppelspitze gearbeitet. Im Idealfall teilt der Inhaber eines Führungsjobs bereitwillig seine Verantwortung, um einen anderen an die Aufgabe heranzuführen. In der Finanzindustrie wird oft mit so einem Co-Head-System gearbeitet. Dieses Instrument kann man auch nutzen, um Frauen nach vorne bringen.
Haben Sie entsprechende Pläne für die L-Bank?
Wir haben im Vorstand vereinbart, dass wir im Herbst dem Verwaltungsrat ein erstes Konzept vorstellen, wie Frauen stärker in Leitungspositionen befördert werden können. Ich möchte, dass sich hier etwas ändert. Das deckt sich im Übrigen mit den Zielen des Verwaltungsrats.
Haben Sie sich bei der L-Bank schon den Frauenanteil in Führungspositionen angesehen?
57 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, bei den Führungspositionen liegt der Frauenanteil bei 34 Prozent. In der Ebene unterhalb des Vorstands sind von 24 Bereichsleitern acht Frauen. Wenn man daran etwas ändern möchte, muss man auch Frauen in Leitungspositionen bringen, die nicht schon jahrzehntelang an ihrer Karriere gearbeitet haben. Den Mut, das anzupacken, muss man als Vorstand haben. Dabei geht es nicht allein nur um Kitaplätze. Es fängt schon damit an, wer Personal auswählt.
Das müssen Sie erklären.
Frauen wählen anders aus als Männer, weil sie ganz anders kommunizieren. Ein Beispiel: Der durchschnittliche Personalchef, der einen Job besetzen möchte, sucht sich guten Willens einen Mann und eine Frau. Keiner von den beiden hat den Job vorher schon gemacht. In so einem Fall wird der Mann mit voller Überzeugung sagen, dass er die neue Herausforderung aus dem Ärmel schüttelt und viele Dinge anführen, die beweisen sollen, dass er es kann. Die Frau wird zurückhaltend sagen, den Job habe sie noch nie gemacht, aber sie habe immer wieder erfolgreich Neues ausprobiert. Für den Personalchef steht hinterher fest: Der Mann wird es. Der ist selbstbewusst und strahlt das Siegerlächeln aus, die Frau hat Zweifel, ob sie es schafft. Deshalb ist es wichtig, über solche Auswahlverfahren nachzudenken.
Wie reagieren denn die Bereichsleiter auf so eine Ansage von Ihnen?
Wir haben ja Bereichsleiterinnen und Bereichsleiter. Ich habe das Gefühl, dass die Mehrheit dem aufgeschlossen gegenüber steht.
Die Niedrigzinsphase drückt auf den Ertrag. Wird das Fördergeschäft schwieriger?
Die Niedrigzinsphase wird für jeden schwieriger, auch für Förderbanken. Wir müssen das Geld für unsere Programme verdienen, wir wollen ja nicht den Landeshaushalt belasten. Der Kostendruck wird wachsen. Auch deshalb, weil wir der EZB-Aufsicht unterworfen werden. Auf uns rollt eine Lawine von Prüfungen und Belastungen zu, und wir sollen die europäische Bankenabgabe mitbezahlen. Beides zusammen wird vorsichtig geschätzt einen zweistelligen Millionenbetrag ausmachen.
Mit Trumpf hat der erste Maschinenbauer eine Vollbanklizenz erworben. Trumpf reklamiert für sich, ein größeres Verständnis für seine Kunden zu haben als normale Bankenvertreter. Liegt da etwas im Argen?
Trumpf ist nicht das erste große Unternehmen, das Absatzfinanzierungen macht und dazu eine Bank gründet. So außergewöhnlich ist das also nicht: Andere Unternehmen kaufen eine Bank wie die Würth-Gruppe oder die Hexal-Gründer. Ich kann mir im Fall von Trumpf vorstellen, dass es da um Produkt- und Projektfinanzierungen geht, die manchmal den normalen Bankensektor überfordern, weil Dinge nicht richtig eingeschätzt werden können. Trumpf kann über die langjährigen Geschäftsbeziehungen seine Kunden einschätzen. Die Trumpf-Bank hat betont, sie will ihren Kunden sofort auch die Förderangebote nahebringen können. Vielleicht haben andere Banken das nicht so getan, obwohl die Förderangebote durchaus interessante und kompatible Bausteine in der Finanzierung sein können. Wir werden mit der Trumpf-Bank zusammenarbeiten.
Trumpf wird nicht der einzige Mittelständler mit einer Bank bleiben, ist zu hören. Erwarten Sie das auch?
Die Politik versucht nach besten Kräften, das Bankensystem sicherer zu machen. Unter diesem Eindruck müssen Banken immer mehr Eigenkapital vorhalten, wenn sie Risiko übernehmen. Dadurch wird es für Kunden tendenziell schwieriger, an Kredite zu kommen. Insofern kann ich mir punktuell vorstellen, dass es weitere Bankgründungen von Unternehmen geben wird, aber es wird keine Welle werden. Denn dazu braucht es Eigenkapital.