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Die Michel-Majerus-Schau im Kunstmuseum wird eröffnet - Land zögert bei Skaterrampe.

Stuttgart - Alles ist anders im Kunstmuseum Stuttgart. Für das Mammutprojekt, das Schaffen des 2002 bei einem Flugzeugabsturz gestorbenen Malers Michel Majerus raumgreifend zeigen zu können, entschied sich Kunstmuseumsdirektorin Ulrike Groos, die bisherige Hausordnung aufzuheben.

Die Sammlung im Erdgeschoss und im Untergeschoss, die Sonderausstellungen in den drei Stockwerken des Kubus - das war gestern. "180·: Die Sammlung im Kubus" präsentiert seit einer Woche einen thematisch aufbereiteten Sammlungsquerschnitt in den Kubus-Ebenen. Und an diesem Freitag um 19 Uhr wird im Untergeschoss und im Erdgeschoss des Kunstmuseums die Majerus-Schau eröffnet. Der Vorteil aus Sicht von Ulrike Groos: Im Bereich der ehemaligen Autotunnelrunnelröhre unter dem Kleinen Schlossplatz öffnet sich der Raum über zwei Etagen - und große Wandflächen waren, so Groos, Voraussetzung, die raumfüllenden Arbeiten von Majerus "angemessen zeigen zu können".

Ihr Verweis bei der Medienvorbesichtigung am Donnerstag, die Tunnelröhre habe zuletzt ja als Bühne der Skaterszene gedient, ist nicht ohne Hintersinn. Eine Skaterrampe als benutzbare Großskulptur soll schließlich die Majerus-Ausstellung im Kunstmuseum im Außenraum fortführen. Die Planung steht, die Finanzierung ist gewährleistet, und doch wackelt das Vorhaben, die erstmals im Jahr 2000 im Kölnischen Kunstverein aufgebaute Rampe in Stuttgart präsentieren und benutzen zu können. Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster wirbt zwar ebenso für das Projekt wie Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann - der Entscheidungsball aber liegt bei Nils Schmid, als Finanz- und Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, zugleich Herr über die landeseigene Fläche Schlossplatz.

"Ich hoffe weiter auf die Majerus-Skaterrampe", sagt Groos am Donnerstag auf Nachfrage - von Mitte Februar an könnte sie der Eisbahn "Wintertraum" an gleicher Stelle für zwei Monate folgen.

Michel Majerus? Gerade 19 Jahre alt ist der gebürtige Luxemburger alt, als er 1986 sein Studium an einer Kunstakademie beginnt. Das Studium der Malerei. In Stuttgart. Der Erfolg der "Heftigen Malerei" ebbt gerade ab, die Impulse einer von ironischen Brüchen gekennzeichneten Kunst, wie sie vor allem Martin Kippenberger vorführt, erfahren erstmals breitere Beachtung. Über alle Unterschiede hinweg aber verbindet dies die Positionen der Maler: das Prinzip der Aneignung und der Gleichzeitigkeit genutzter Themen und Materialien.

Als erster Lehrerpersönlichkeit begegnet Majerus in Stuttgart zunächst K. R. H. Sonderborg. Als Maler selbst eine mitbestimmende Figur der 1960er Jahre, vermittelt Sonderborg neben der Liebe zu einer anarchischen Existenz vor allem Tempo. Der Zweite, dem Majerus vertraut, vertritt scheinbar eine gegensätzliche Kunstposition. Nicht die Dynamik oder gar das Künstler-Ich interessieren den von dem damaligen Akademierektor Paul-Uwe Dreyer mit viel persönlichem Engagement nach Stuttgart geholten New Yorker Joseph Kosuth. Von ihm lernt Majerus vielmehr, dass auch die Idee eines Kunstwerks, das Konzept, bereits das Werk selbst sein kann. Die Stuttgarter Anfänge werden mit aufgearbeitet in dieser Schau. Von diesem Samstag an zu sehen, verdeutlicht ihr Umfang das ungemeine Arbeitstempo von Michel Majerus. Am 6. November 2002, reißt ihn ein Flugzeugabsturz aus dem Leben.