Während des Stücks erklärt Henning Bormann, wie man Molekularküche isst. Foto: Ina Schäfer

Die Performance „Affe – Käfer – Hund“ im Uno Art Spcae verbindet Theater, Tanz und Molekularküche. Es geht um kafkaeske Einsamkeit und gemeinsames Speisen – und seltsame Choreografien im Hintergrund.

S-Süd - Als es los geht, stehen die gut 20 Teilnehmer auf der Straße vor dem Schaufenster der Galerie Uno Art Space an der Liststraße. Sie tragen Kopfhörer und blicken auf das goldfarbene Gebilde, das sich hinter dem Schaufenster windet. „Warum sind Sie hier?“, fragt eine Stimme im Kopfhörer, und: „Sind Sie sicher, dass Sie hier sind?“ Während die Stimme im Hörer weiter spricht – über den Körper und seine Eigenschaften – bäumt sich das Gebilde auf und zieht schließlich die goldene Alufolie über eine lange Tafel in der Galerie. Ein Mann beginnt, den Tisch zu decken, durch die Kopfhörer tönt derRauschen, Wellen und Vogelgezwitscher. Dann dürfen die Gäste die Galerie betreten.

An den Törtchen wird geleckt

Die Performance ist Teil der Inszenierung „Affe – Käfer – Hund“, die am Freitagabend zum fünften Mal aufgeführt wurde. Das Stück ist eine Mischung aus Theater, Tanz, Molekularküche und Ausstellung – ausgedacht von Adelheit Schulz. Für „Affe – Käfer – Hund“ hat sich die Regisseurin mit Franz Kafka auseinandergesetzt, hat Passagen aus seinen Werken als Fragmente ins Stück einfließen lassen, außerdem den Text „Corpus“ des französischen Philosophen Jean-Luc Nancy. „In meinem Stück geht es um Einsamkeit, aber auch um Gemeinschaft“, sagt Schulz im Anschluss an die Aufführung. Die Einsamkeit ist in den Texten Kafkas zu finden, die Gemeinschaft wird hergestellt durch die große Tafel in der Galerie, an der schließlich das Publikum Platz nimmt. „Setzt euch doch!“ sagt der Schauspieler Henning Bormann, nachdem er als Gregor beim Tischdecken einige Passagen aus „Die Verwandlung“ gesprochen hat. Die Teilnehmer begutachten das Brettchen, das vor jedem auf dem Tisch liegt. Ein Salatblatt, ein großer Löffel mit weißem Schaum, ein kleiner mit etwas Weißem, Glibbrigem und ein dunkelbraunes, glänzendes Törtchen sind darauf akkurat angerichtet.

Unbelichtetes Fotopapier an den Wänden

Im Hintergrund steht die Tänzerin und Choreografin Kira Senkpiel. Sie hat sich Luftballons in die Kleidung gestopft, krümmt sich oder springt gegen die Glastür. Im Laufe der Vorstellung unterbricht der Schauspieler immer wieder seinen Text, um seine Gäste an der Tafel anzuleiten. Es wird am Törtchen geleckt, der Schaum in ein großes Gefäß gekippt, das mit Kräuterwasser und Essig gefüllt ist. Anschließend wird der Schaum mit dem Salatblatt gelöffelt. „Mit dem Essen möchten wir eine gesellschaftliche Situation herstellen“, sagt Kaspar Wimberley, Performancekünstler und Koch des Essens. Dass es am Ende Molekularküche geworden ist, erklärt er so: „Es ist eine groteske Art des Essens, Geschmack und Textur der Nahrung gehen oft nicht zusammen. So schaffen wir einerseits eine familiäre Situation und andererseits ein leichtes Unwohlsein.“ Nicht nur das Essen, auch die Ausstellung ist auf die Inszenierung abgestimmt. An den Wänden hängen unbelichtete Schwarz-weiß-Fotopapiere des Künstlerpaares F & D Cartier. Sie stammen aus den Jahren 1980 bis etwa 1990. Aufgehängt verändern sie ständig ihr Aussehen. „Die Papiere zeichnen alles auf, was hier passiert“, sagt die Inhaberin der Galerie Ute Noll. So wird letztlich auch das Stück in den Fotopapieren dokumentiert.