In den Biergarten des Imbiss Dinkelacker Grill am Fernsehturmkehren kaum noch Gäste ein Foto: Max Kovalenko

Däumchen drehen und auf das Brandschutzgutachten hoffen – mehr können die Fernsehturm- Mitarbeiter derzeit nicht tun. Sollte der Turm weitere sechs Monate geschlossen bleiben, stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Und auch der Imbiss am Gazistadion kämpft ums Überleben.

Stuttgart - Däumchen drehen und auf das Brandschutzgutachten hoffen – mehr können die Fernsehturm- Mitarbeiter derzeit nicht tun. Sollte der Turm weitere sechs Monate geschlossen bleiben, stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Und auch der Imbiss am Gazistadion kämpft ums Überleben.

Die Tische im Biergarten „Draußen“ sind zusammengeklappt, die Buden verrammelt, im Brunnen am Fuße des Fernsehturms schwimmt eine braune Brühe, die Wasserspiele sind abgestellt. Ein Mann säubert den Weg zum Eingang des Stuttgarter Wahrzeichens mit einem Laubbläser. Ordnung muss sein, auch wenn der Turm seit Ende März keine Besucher mehr gesehen hat und die Restaurants zu sind.

Aus Brandschutzgründen hatte die Stadt den Turm kurz vor Ostern für die Besucher geschlossen. Seither bangen die Stuttgarter um ihr Wahrzeichen – und 13 Bedienstete des Südwestrundfunks (SWR) um ihre Jobs. Zu ihnen gehört auch der Mann mit dem Laubbläser. Zur Situation wolle und dürfe er sich nicht äußern. Nur so viel: „Wir hoffen alle, dass wir bald wieder normal arbeiten dürfen.“ Als einer von fünf Technikern ist er immerhin noch zeitweise beschäftigt. Schließlich braucht der Betreiber SWR den Turm nach wie vor für den Sendebetrieb. Auch zwei Mitarbeiter aus der Turmverwaltung arbeiten noch – wenn auch nur in Teilzeit.

Schlecht sieht es dagegen für die sechs Aufzugführer aus. „Sie sind gerade freigestellt“, sagt Wolfgang Utz, Pressesprecher des SWR. Im Mai schickte ihnen der SWR eine Absichtserklärung zur Kündigung. Sprich: Bleibt der Turm bis Mitte November geschlossen, werden die Aufzugführer entlassen.

Eng wird es auch für den Imbiss Dinkelacker Grill zwischen Parkplatz und Gazi-stadion. Seit im Mai die Gaststättenbetreiber der Restaurants „Draußen“ und „Unten“ Insolvenz anmelden und schließen mussten, ist die Grillbude mit Biergarten der letzte Gastronomiebetrieb am Turm. Doch auch Pächter Rainer Pietsch hat schwer zu kämpfen, seit die Besucher ausbleiben. „Unter der Woche haben wir rund 25 Prozent, am Wochenende sogar bis zu 50 Prozent weniger Gäste“, sagt er. Dass sich die Situation so dramatisch entwickle, habe er zunächst nicht gedacht. „Früher kamen ganze Reisebusse voller Besucher, um den Turm anzuschauen, mittlerweile hält hier ja nicht mal mehr die Stadtrundfahrt“, so Pietsch. Selbst die Spaziergänger suchten sich andere Ziele für ihre Sonntagsausflüge.

Auch die Angestellten des Turms sind nicht mehr da, und so verirrt sich zur Mittagszeit nur noch eine Handvoll Gäste in den kleinen Biergarten vor der Bude. Über die Fußballspiele am Wochenende könne er den Verlust nicht ausgleichen, sagt Pietsch. Die finden zwar jede Woche statt, der Imbiss steht allerdings am Eingang der Gastmannschaften. „Das sind nur so 80 Zuschauer, die ihr Essen und ihre Getränke meistens selbst mitbringen“, sagt Pietsch.

Neuen Mut schöpft er aus dem Brandschutzgutachten des Büros Halfkann und Kirchner (Erkelenz), welches die SWR Mediaservices in Auftrag gegeben und vergangene Woche an die Stadt übergeben haben. Abwarten und hoffen heißt seine Devise. Das Jahr könne er noch überbrücken, danach sehe es allerdings schlecht aus für seinen Imbiss.

Auch die Turmmitarbeiter setzen ihre Hoffnungen auf das Gutachten. „Ich denke, es ist realistisch, dass der Turm wieder öffnet. Wir hoffen sehr, dass die Stadt mit dem Gutachten zufrieden ist“, sagt Harald Wagner, Techniker am Fernsehturm. Seit 2011 kümmert sich der Elektriker um Stuttgarts Wahrzeichen. 39 Stunden arbeiteten er und seine Kollegen bisher pro Woche. Seit der Schließung gibt es nur eine Schicht, gearbeitet wird fünf Stunden am Tag unter der Woche, drei am Wochenende – noch bei vollem Gehalt. Bei ihren Rundgängen kontrollieren die Techniker auch die sanitären Anlagen in den Besucherbereichen im Turmkorb. „Die kann man nicht so einfach abstellen, sonst machen sich Ungeziefer und Gestank breit“, sagt Wagner. Sollte der Turm für immer schließen, müsse man die Anlagen zurückbauen.

An eine endgültige Schließung will Wagner aber erst einmal nicht denken. „Fünf Techniker braucht der SWR dann sicher nicht mehr“, sagt er. Unverheiratet, keine Kinder, „da habe ich schlechte Karten“. Deshalb spielt der 48-Jährige erst einmal auf Zeit, einen Plan B hat auch er noch nicht. „Da oben zu arbeiten macht einfach riesig Spaß“, sagt er.