Verschleierte Palästinenserin mit dem Hamas-Logo auf der Stirn (Archivbild) Foto:  

Den verheerenden Terrorangriff im israelischen Grenzgebiet hat die im Gazastreifen herrschende Hamas wohl über Monate geplant. Nach den Gegenangriffen Israels gibt über Tausend Tote auf beiden Seiten. Aber was will die Hamas eigentlich?

Die Überraschungsoffensive der im Gazastreifen herrschenden militant-islamistischen Hamas auf Israel ist der größte Angriff seit Mai 2021. Am vergangenen Samstag feuerten die Hamas mehrere Raketen aus dem Gazastreifen auf israelische Städte ab, griffen massiv aus der Luft, am Boden und von See aus an. Sie nahmen Geiseln, oder verschleppten Zivilisten und Soldaten.

Israel reagierte mit Luftanschlägen auf das Gebiet am Mittelmeer und attackierte seit Kriegsbeginn knapp 2700 Ziele im Gazastreifen. Medienberichten zufolge stieg die Zahl der seit Samstag getöteten Israelis auf 1200; mehr als 3000 wurden verletzt. Auf palästinensischer Seite liegen die Opferzahlen durch die israelischen Vergeltungsschläge nach palästinensischen Angaben zufolge bei 950 Toten und 5000 Verletzten. Aber was ist überhaupt das Ziel der Hamas?

Was ist die Hamas?

Die Hamas (Abkürzung für „Islamische Widerstandsbewegung“) ist eine extremistische, islamistische Bewegung, die von der EU, den USA, Kanada, Ägypten und Japan als Terrororganisation eingestuft wird. Gegründet wurde sie Ende 1987 im Zuge des Palästinenseraufstandes Intifada. Zunächst trat sie als Wohltätigkeitsorganisation auf. Sie versteht sich als einzig wahre Vertretung des palästinensischen Volkes.

Die Bewegung entstand als Ableger der ägyptischen Muslimbruderschaft und verstand sich als Gegenpol zur Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO. Die Hamas verfügt über mehrere militärische Gruppen. Seit ihrer Gründung verübten alle militärischen Organisationen der Hamas Terroranschläge auf israelische Bürger und Verbrechen gegen politische Gegner in den eigenen Reihen.

Obwohl die Hamas die Demokratie grundsätzlich ablehnt, nahm sie 2006 zur Legitimierung ihrer Macht an Wahlen in den Palästinensergebieten – also dem Westjordanland und im Gazastreifen – teil. Sie gewann und riss mit Gewalt die alleinige Kontrolle im Gazastreifen an sich. Dafür vertrieb sie Anhänger von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Der behielt das Westjordanland als Machtbereich. Beide Gebiete sind allerdings keine anerkannten, funktionierenden Staaten und von internationaler Hilfe abhängig.

Was will die Hamas?

Ziel der Hamas ist, den jüdischen Staat Israel zu vernichten und stattdessen eine Art islamisches Kalifat Palästina zu errichten – und das eben auch mit Gewalt. Das ist das von Anfang an formulierte Ziel in ihrer Charta von 1988.

Laut Peter R. Neumann, Professor für Sicherheitsstudien am King‘s College London, lasse sich aber bereits seit einigen Jahren beobachten, dass die Hamas eine nur auf sich selbst bezogene Gruppe geworden sei. „Wenn man ehrlich ist und von außen darauf schaut, verfolgt sie nicht mehr wirklich das Ziel, Israel zu besiegen und einen palästinensischen Staat zu gründen“, sagte er in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es gehe der Hamas vor allem darum, die eigene Macht zu erhalten. „Macht über die Palästinenser“, sagt der Terrorismusexperte. Die Hamas setze immer wieder die Spirale der Gewalt in Gang, um sich dann als Verteidiger der Palästinenser zu inszenieren, so Neumann weiter.

Generell versucht die Hamas, mit Terroraktionen das Sicherheitsgefühl des israelischen Staates zu erschüttern, damit die israelische Politik zu beeinflussen und die eigenen Anhänger davon zu überzeugen, dass die Hamas die Sache der Palästinenser am radikalsten vertritt.

Welchen Zweck könnte der jüngste Terroranschlag haben?

Unmittelbare Ziele des jüngsten Terroranschlags ist die Aufhebung der jahrelangen Blockade des Gazastreifens und die Freilassung palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen. Momentan sind laut der Menschenrechtsorganisation Betselem rund 4500 Palästinenser in israelischen Gefängnissen, darunter 183 aus dem Gazastreifen. Vermutlich ist es das Ziel der Gruppierung, im Tausch für mehr als 100 in das Palästinensergebiet verschleppte Geiseln – unter ihnen auch ausländische Staatsbürger – möglichst viele Häftlinge freizupressen.

Professor Kobi Michael vom Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) in Tel Aviv sagte gegenüber der Deutschen Presseagentur auch, dass die Hamas-Führung zudem glaube, dass sie mit ihrem Vorgehen weitere Elemente – wie die Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon und den Iran – ermutigen könne. Ihr Ziel sei es, Israel in einen Krieg an mehreren Fronten zu drängen, um die Zerstörung des jüdischen Staates herbeizuführen.