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Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen ruft Geschenk zurück - Lego prüft wegen Plagiatsverdacht.

Esslingen - Die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen (KSK) ruft ein Spielzeug zurück, das sie in der Weltspartag-Woche Ende Oktober knapp 6000-mal an junge Kunden verschenkt hat. Der Bausatz weist den krebserregenden Stoff Benzo(a)pyren auf, die Konzentration ist 35-mal höher als der erlaubte Grenzwert.

Der Bausatz mit der Bezeichnung Ambulance sieht aus wie Lego. Tatsächlich ist er ein Billigprodukt aus China. Von dort drängt immer wieder Spielzeug auf den europäischen Markt, das gesundheitsgefährdende Stoffe enthält. Dieser Bausatz hat die Kontrollen passiert. Jetzt verunsichert er Eltern im Kreis Esslingen.

Vom 24. bis zum 31. Oktober war Schlachtfest: In dieser Woche wurden auch in allen 72 Filialen der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen zu Tausenden Sparschweine geknackt, der Inhalt den jüngsten Kunden gutgeschrieben. Mehr noch freuten sich die Nachwuchs-Sparer aber oft über ihr Geschenk: Sie hatten die Wahl zwischen Plüschtier, Taschenlampe, Farbmarkern und einem Bausatz für einen Notarztwagen.

Hautreizungen vom Spielzeug

Dieser etwa sieben Zentimeter lange Ambulance-Wagen sorgt jetzt für Aufregung. Eltern wiesen die KSK darauf hin, dass der Bausatz einen unangenehmen Geruch verströme. Die erste Beschwerde erreichte Unternehmenssprecher Ulrich Unger am 3. November. Einen Tag später schickte die KSK ein Exemplar des Bausatzes an die Forschungs- und Untersuchungsgesellschaft Isega in Aschaffenburg. Zwei Wochen wurde dort analysiert. Jetzt steht fest: Die 16 existierenden polyzyklischen aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die auch als sogenannte Weichmacher in Plastikprodukten eingesetzt werden, sind in dem Bausatz mit 886 Milligramm pro Kilo vorhanden - der Grenzwert liegt bei zehn Milligramm. Zwei dieser PAK sind laut Unger krebserregend. Einer ist Benzo(a)pyren. Dafür liegt der Grenzwert für Kinderspielzeug bei einem Milligramm pro Kilo, nachgewiesen wurden 35 Milligramm pro Kilo.

Die KSK startete daraufhin einen Rückruf für den Artikel und schrieb alle rund 12000 Kunden an, die in der Weltspartag-Woche Geld einzahlten. Außerdem platzierte die Bank auf ihrer Internet-Homepage einen Hinweis. Die Kunden erfahren, dass das Spielzeug nach Ansicht von Fachleuten Hautreizungen auslösen kann. Sie werden gebeten, den Bausatz entweder bei der KSK abzugeben oder im Restmüll zu entsorgen. Dies wiederum, so bestätigt Peter Keck vom Esslinger Landratsamt, sei abgesprochen mit dem Abfallwirtschaftsbetrieb. Die Konzentration der Kohlenwasserstoffe sei zu gering, um im Restmüll nachgewiesen zu werden.

Tatsächlich gingen Beschwerden von besorgten Eltern auch beim Landratsamt ein. Das dafür zuständige Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt gab ebenfalls ein Gutachten in Auftrag, dessen offizielles amtliches Ergebnis, so Peter Keck, aber noch nicht vorliege. Die Kreissparkasse habe sich vorbildlich verhalten, indem sie nicht nur schnell den Rückruf organisiert, sondern auch die Entsorgung geklärt habe.

Produkt für den europäischen Markt zugelassen

Produziert wurden die Bausätze nach Angaben der KSK in China, der Vertrieb laufe über Krüger Gregoriades Im- und Export Hamburg. Eine Anfrage unserer Zeitung dort blieb bis zum Abend unbeantwortet. Die KSK jedenfalls hat nach Angaben Ungers zwei Zertifikate des Importeurs, die nachweisen, dass das Produkt für den europäischen Markt zugelassen ist. Das eine Zertifikat sei die offizielle CE-Kennzeichnung der EU, die aussagt, dass alle Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen erfüllt sind. Das andere widme sich der Brennbarkeit und mechanischen Aspekten der Produkte. Die Konzentration der PAK sei offensichtlich nicht gemessen worden.

Diese Prüfung ist nach Auffassung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg aber erforderlich. Christiane Manthey, Abteilungsleiterin Lebensmittel und Ernährung, verweist auf das Bundesinstitut für Risikobewertung, das bei Kindern ein Minimierungsgebot sehe und deshalb die Grenzwerte gegenüber dem normalen Wert von 100 Milligramm pro Kilo für Benzo(a)pyren auf ein Milligramm herabsetze. Bei der Vergabe des GS-Zeichens (Geprüfte Sicherheit) für Spielzeug werde inzwischen auch die Belastung mit PAK überprüft.

Bei der KSK werden jetzt rechtliche Schritte geprüft. Ulrich Unger betont, wie unangenehm der Vorgang sei: "Wir wollten Freude machen und unsere jungen Kunden belohnen." Die KSK habe sich auf die Siegel verlassen. Für das Gutachten wurden 600 Euro ausgegeben. Rechtliche Schritte prüft auch Lego. Die Firma wurde durch unsere Zeitung auf das Produkt aufmerksam und will laut Unternehmenssprecherin Katharina Sutch klären, ob das China-Produkt ein Plagiat oder Nachahmerprodukt sei. Von Lego stamme es definitiv nicht: "Wir lassen zu 85 Prozent in Dänemark produzieren, darüber hinaus in Tschechien, Ungarn und Mexiko. Aus China kaufen wir nur textile Stoffe und elektronische Teile zu."