Rehe sind das am meisten gejagte Wild in Baden-Württemberg. Foto: dpa

Elisabeth Keil ist seit 40 Jahren Jägerin und seit vier Jahren die Kreisjägermeisterin in Freiburg. Sie spricht über ihre Motive.

Stuttgart - FFrau Keil, Sie sind seit mehr als 40 Jahren Jägerin. Wie kam es dazu?

Durch eine Wette. Mein mittlerweile verstorbener Mann war passionierter Jäger und nahm mich einmal mit zu einer Treibjagd. Danach saßen wir am Feuer, und einer der Jäger hat in die Runde gerufen: „Mit Frauen kann man auf der Jagd doch nichts anfangen. Erstens haben sie Angst, wenn es dunkel wird, und zweitens sind sie zu dumm für den Jagdschein.“ Da bin ich aufgestanden und habe gesagt: „In einem halben Jahr habe ich den Jagdschein, und wenn ich ihn schaffe, dann bezahlst du ihn.“ So ging die Wette. Und natürlich habe ich bestanden.
Elisabeth Keil Foto: StZ
Könnte so etwas heute auch noch vorkommen?
Eher nicht. In Baden-Württemberg machen die Frauen mehr als zehn Prozent der Jägerschaft aus, und die Zahl wächst. Frauen sind heute etabliert.
Welche Motivation haben Frauen?
Oft jagen die Männer, und die Frauen kümmern sich um die Hunde und um das Wildbret. Da sagen dann viele: Da kann ich auch gleich selbst mit hinaus. Bei vielen steht das Naturerlebnis an erster Stelle. Viele werden später Naturpädagoginnen, die mit Kindern raus in den Wald gehen.
Reden Frauen anders über die Jagd?
Ich bin auch Vorsitzende des Jägerinnenforums, in dem heute 800 Frauen sind. Bei den Treffen wird ganz selten über Waffen gesprochen. Wir reden über die Ausbildung der Hunde und auch über die Kleidung. Im Moment frieren wir Frauen draußen halt doch. Viele Frauen haben sehr gute Abschlüsse bei den Jägerprüfungen. Leider trauen sich viele noch nicht, sich auch in den Verbänden zu engagieren.
Aber Ihr erklärtes Ziel ist es, als Nachfolger in Freiburg wieder eine Frau zu gewinnen?
Ich bin überzeugt, dass nach mir keine Frau käme, wenn ich jetzt aufhören würde. Auch aus diesem Grund mache ich nochmals vier Jahre, damit ich in dieser Zeit eine Frau aufbauen kann. Jagen wird halt noch zu 90 Prozent von Männern dominiert. Und ein wenig Machoverhalten gibt es schon noch. Aber wir Frauen überzeugen durch Können.
Die Entwicklung ist nicht nur bei den Frauen positiv. Schon seit 20 Jahren geht es insgesamt steil nach oben mit der Zahl der Jägerschaft. Kommen die neuen Jäger mit einer anderen Motivation als die alten?
Es wird in der Prüfung mittlerweile sehr viel an Wissen im Naturschutz und im Umweltschutz verlangt. Das wirkt sehr belebend. Aber die Motivation hat sich nicht grundlegend geändert. Es geht um das Naturerlebnis und um die Jagd an sich.
Manche Menschen haben ein Problem mit den Jägern, weil diese die Tiere töten. Wie ist das bei Ihnen, ist das Schießen Routine?
Ich und sehr viele Jägerinnen schießen nicht mehr, wenn eine Geiß mit ihrem Kitz auftaucht, auch wenn der Abschussplan es verlangt. Es tut mir weh. Gerade ein Reh ist für mich etwas ganz, ganz Edles. Aber ich bin Jägerin und habe auch eine Pflicht. Ich will, dass die Artenvielfalt erhalten bleibt und dass sich keine Krankheiten ausbreiten. Jagen heißt deshalb auch schießen. Das Wichtigste ist für mich, dass ich gut schieße. Der Schuss muss sitzen, dass das Tier nicht leiden muss. Dafür trainiere ich auf dem Schießstand.
Auch nach 40 Jahren sind also viele Emotionen dabei?
Bei mir fängt im Augenblick nach dem Schießen das Zittern an. Es ist immer noch ein sehr aufregender Moment für mich.
Das hört sich nach viel Respekt vor dem Tier an.
Ich habe immer ein kleines Horn dabei und blase das Tier tot. Es ist für mich wichtig, dass ich dem Tier die letzte Ehre erweise. Das Brauchtum beim Jagen lässt leider nach, und das finde ich schade. Den Respekt vor der Kreatur und das Brauchtum, das müsste man den jungen Jägern wieder stärker beibringen.