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Beschwerden über lange Wartezeiten bei Krankentransporten - Gemeinderat will Stellungnahme.

Stuttgart - Wer als Patient vom einen Krankenhaus zum anderen verlegt, in der Arztpraxis oder zu Hause abgeholt werden muss, wartet oft sehr lange auf den Krankentransport. Mehrere Gemeinderatsfraktionen suchen nach den Gründen dafür. Die liegen vor allem in der schlechten Bezahlung durch die Krankenkassen.

Alex Bauer schüttelt noch immer ungläubig den Kopf. Die Geschichte, die er zu erzählen hat, ist außergewöhnlich. Anfang Juni muss seine Partnerin nach einer schweren Operation aus Stuttgart zur Weiterbehandlung nach Freiburg verlegt werden. Der notwendige Krankenwagen wird einen Tag zuvor bei der Leitstelle angefordert. Um 9.30 Uhr soll er an der Klinik sein. Um 13.30 Uhr fragt die nach, weil die Patientin immer noch nicht abgeholt ist. Es folgen zig Telefonate. Um 17 Uhr steht der Krankenwagen schließlich vor der Tür. Gut zwei Stunden später ist die schwer angeschlagene Frau endlich am Zielort.

Der Fall ist einer der extremen, aber auch die kommen laut Fachleuten recht häufig vor. Das hat auch der Gemeinderat erkannt. In einem gemeinsamen Antrag fordern die Fraktionen der CDU, der Grünen und der SPD Klarheit. Sie sprechen von Klagen der Patienten und Wartezeiten von zwei bis drei Stunden, bis der Krankenwagen eintrifft. Man vermute, dass deren Zahl zu gering ist. Deshalb sollen Vertreter der Stuttgarter Leitstelle und der Krankenkassen im Krankenhausausschuss Stellung nehmen.

20 bis 25 Krankentransportfahrzeuge in der Stadt unterwegs

In der Integrierten Leitstelle, die die Transporte koordiniert, ist der Antrag der Gemeinderatsfraktionen angekommen. "Wir erarbeiten derzeit eine Stellungnahme", sagt der stellvertretende Leiter Michael Weisbach. Bis dahin will auch die Stadtverwaltung keine Einschätzung abgeben. "Wir warten auf das Ergebnis der Leitstelle", heißt es dort.

Derzeit sind laut Weisbach an den meisten Tagen 20 bis 25 Krankentransportfahrzeuge in der Stadt unterwegs. Beteiligt sind insgesamt sieben eigenständige Unternehmen. Neben dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), der Johanniter-Unfallhilfe, dem Malteser Hilfsdienst und dem Arbeiter-Samariter-Bund sind auch drei private Anbieter im Boot.

Sie müssen unter schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen arbeiten. Das DRK hat nach eigenen Angaben einen Satz von 55 Euro für Fahrten bis zu einem einfachen Weg von 50 Kilometern vor dem Verwaltungsgerichtshof erstritten. Private Unternehmen dagegen bekommen zum Teil einige Euro weniger von den Krankenkassen. Wirtschaftliches Arbeiten ist da schwer möglich.

"Das ist ein schwieriges Thema", sagt Wilfried Klenk, Rettungsdienstleiter beim DRK. Angesichts der niedrigen Sätze müssten die Unternehmen genau kalkulieren. Deshalb könne man nicht wie bei der Notfallrettung zusätzliche Fahrzeuge vorhalten, um Spitzen abzufedern.

Bei vielen Aufträgen gleichzeitig gibt's Probleme

"Jeder wird nur so viele Fahrzeuge haben, wie er sicher auslasten kann", sagt Klenk. Deshalb gebe es Probleme, wenn sich viele Aufträge gleichzeitig einstellten. Das könne man vorher nie genau sagen. "Außerdem nimmt die Zahl der Infektionstransporte zu", so Klenk. Das bedeutet, dass die Wagen danach aufwendig desinfiziert werden müssen. Das kostet viel Zeit, in der das Fahrzeug nicht einsatzbereit ist.

"Wir versuchen, das Beste rauszuholen", sagt Klenk. So suche man immer wieder das Gespräch mit den Kliniken, um eine Entzerrung zu erreichen. Patienten werden dort - gerade vor Wochenenden oder Feiertagen - meist morgens innerhalb weniger Stunden entlassen. Doch das allein wird nicht reichen. "Man muss die Kostenträger mit ins Boot nehmen. Dankenswerterweise haben die Fraktionen das in ihrem Antrag erkannt und getan." Deshalb soll im Krankenhausausschuss auch ein Vertreter der Krankenkassen berichten.

"Wir müssen dort offen reden, und dann muss einer sagen, dass er bezahlt", bringt Klenk das Problem auf den Punkt. Unter den bisherigen Bedingungen könne man den Unternehmen nicht zumuten, Fahrzeuge für den Krankentransport auf Vorrat bereitzuhalten. Der Krankenhausausschuss des Gemeinderats tritt am 22. Juli wieder zusammen. Ob das Thema bereits an diesem Termin zur Sprache kommt, ist noch offen.

Alex Bauer und die anderen Betroffenen wünschen sich schnelle Abhilfe. "Man muss diesen Missstand den Entscheidungsträgern und Verantwortlichen aufzeigen in der Hoffnung, dass sich etwas bewegt", sagt er. Leidtragende seien letztendlich nicht nur die Patienten, sondern auch das Personal in den Wagen und Krankenhäusern.