Kornwestheimer Wahlhelfer: Hunderte Ehrenamtliche halfen mit. Foto: Peter Meuer

Auch in Kornwestheim gehen die Gemütslagen nach der Wahl deutlich auseinander.

Kornwestheim - Der Wahlabend sei aus Verwaltungssicht gut gelaufen, sagte Oberbürgermeisterin Ursula Keck. „Keine besonderen Vorkommnisse“, vermeldete sie, auch wenn diese Bundestagswahl natürlich sehr im Zeichen der Briefwahl gestanden habe. Acht Briefwahlbezirke gab es in Kornwestheim. 247 Wahlhelfer und Wahlhelferinnen waren am Wahltag im Einsatz.

So routiniert die Wahl organisatorisch im Städtchen ablief, so gespannt verfolgte man vor Ort das Geschehen. Einige Stimmen zum Ausgang der Wahl:

„Wenn uns das jemand im Sommer erzählt hätte, der wäre eingewiesen worden“, sagte der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Florian Wanitschek. Er beherzige nun den Rat seines Grünen-Pendants Daniel Joppien vom Sonntagabend: „Einfach mal freuen!“ Zum Beispiel darüber, dass die SPD in Kornwestheim mit 23,80 Prozent die meisten Zweitstimmen geholt hat. „Das hatte mit Olaf Scholz zu tun, Erfahrung und Kompetenz haben da gezogen.“

Auch, dass die SPD nach Jahren wieder einen Kandidaten aus Ludwigsburg nach Berlin schickt, freut Wanitschek. Zwar hat CDU-Mann Steffen Bilger, der in Kornwestheim auf 26,5 Prozent kam, das Direktmandat geholt. Macit Karaahmetoğlu (20 Prozent in Kornwestheim) sicherte sich sein Mandat über die Liste. Nun geht’s an die Verhandlungen. „SPD und Grüne haben nicht viele Punkte, in denen sie sich uneinig sind“, sagt Wanitschek. Und die FDP? „Mit der kann man sicher auch zusammenfinden.“

Beim SPD-Fraktionsvorsitzenden Hans-Michael Gritz ist die Euphorie nicht uneingeschränkt. „Von der CDU hört man vieles in Richtung Regierungsauftrag und Jamaika, das bedrückt mich“, sagt er. Zudem wisse man noch überhaupt nicht, wie sich die Grünen verhielten. Er hofft nicht, dass „sie es so machen wie in Baden-Württemberg“.

Ganz anders ist die Stimmungslage bei Sven Waldenmaier, dem Vorsitzenden des CDU-Stadtverbandes Kornwestheim. Er sagt: „Ich bin Demokrat, die SPD hat gewonnen, also hat die SPD den Regierungsauftrag.“ Natürlich wäre eine Jamaika-Koalition, also ein Bündnis seiner Partei mit Grünen und FDP, sein persönlicher Wunsch. „Das ist aber natürlich schwer vermittelbar.“

Die Gründe für die Schlappe? „Es lag nicht nur an der Person Armin Laschet. Wir haben die Inhalte, nur müssen wir sie wieder besser verkaufen.“ Steffen Bilger habe einen tollen Job gemacht. Oder auch der 34-jährige Fabian Gramling, der im Wahlkreis Neckar-Zaber den direkten Sprung nach Berlin geschafft hat. „Viele Junge müssen jetzt gestalten dürfen, wir wollen nicht mehr die Altherrenpartei mit Krawatte und Einstecktuch sein“, betonte Waldenmaier. Dass sich nun FDP und Grüne abstimmen und auf die Großen zugehen, sei noch nie dagewesen. Aber, und das dürfe man als CDUler ja eigentlich gar nicht sagen: Vielleicht wäre die Opposition ja auch mal ganz gut.

Die Grünen stehen zwischen Freude und Enttäuschung. „Wir wollten das Kanzleramt“, sagte Daniel Joppien, einer der drei Kornwestheimer Ortsverbandschefs. Davon ist die Partei aber weit entfernt. Auf der anderen Seite sind knapp 15 Prozent der Stimmen das historisch beste Ergebnis. Auch für Kornwestheim hatte er sich mehr erhofft – trotz 17,2 Prozent der Zweitstimmen, mehr als der Anteil auf Bundesebene (14,8 Prozent). „Das zeigt uns, dass wir in der Region besser vermitteln konnten, für was wir als Partei stehen“, so Joppien.

Andreas Schantz, Fraktionsvorsitzender der FDP im Kornwestheimer Gemeinderat, ist sehr zufrieden. „Wir haben einen guten Wahlkampf geführt“, sagte er. Die Steigerung der Prozentpunkte bundesweit freut ihn, aber auch das Ergebnis im Wahlkreis Ludwigsburg sei respektabel. 14,9 Prozent der Erststimmen entfallen in Kornwestheim auf Oliver Martin. Bei den Zweitstimmen fuhr die Partei 15,5 Prozent ein. Andreas Schantz und auch Kandidat Martin selbst sind positiv überrascht, dass die Erst- und Zweitstimmen so nah beieinander liegen – das sei bei der FDP nicht üblich.

Nun ist Andreas Schantz gespannt auf die kommenden Koalitionsverhandlungen. Er tendiert zu Jamaika.