Die Stadthalle wird zur temporären Galerie. Foto: Simon Granville

Was fällt Künstlern zum Thema „Orte“ ein? Der Galerieverein zeigt in seiner Jahresausstellung überraschende Ergebnisse der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Wort.

Was macht einen Ort aus? Und muss er auf der Landkarte verortet sein? Ist er immer sichtbar und real oder manchmal auch nur imaginär? Ist er positiv oder negativ besetzt?

Der Kunstverein Korntal-Münchingen geht in seiner Jahresausstellung diesem so konkreten wie weitläufigen Thema nach. 24 Künstler zeigen ihre Werke einige Tage in der Korntaler Stadthalle – und führen den Betrachter in völlig unterschiedliche Bereiche. Sie setzen ihre Gedanken um mit völlig unterschiedlichen Materialien, abstrakt wir gegenständlich, und das Thema mal mehr, mal weniger auf den ersten Blick ersichtlich.

Offensichtlich oder doch erst auf den zweiten Blick ersichtlich

Offensichtlich ist das Thema in „hortus conclusus. Ein Paradiesgärtlein“: Eva Bildstein hat ein präpariertes Tier auf Kunstgras in einen Käfig gesetzt. Stolz wirkt das Tier in seinem abgeschlossenen Garten, unübersehbar an diesem temporären Ort der Kunst. Ist es glücklich, zufrieden? Die Frage stellt sich nicht. Oder doch?

Die Stadt hat die Halle für diese eine Woche dem Kunstverein überlassen. Wie jedes Jahr. Die Jahresausstellung hat inzwischen Tradition. Die Vernissage ist fest im Kalender nicht nur Korntal-Münchinger Kunstinteressierter verankert. Die Halle ist bei den Eröffnungen gut besetzt, in diesem Jahr hatte das Publikum erstmals vor der Vernissage Zeit, durch die Ausstellung zu laufen. So wollte man ihnen die Chance geben, den einführenden Worten – dieses Jahr von der Marlis Weber-Raudenbusch – zu folgen.

Anna Hafner hat Kosmos I und Kosmos II jeweils in Ölkreide auf schwarzem Papier geschaffen. Lars Hauschild hat die drei Orte 1, 2 und 3 in Lack auf Papier gesprayt: Flächen unterschiedlicher Farbe, trennscharf übereinander, Landschaften nachempfunden.

Aber kann der Ort nicht auch – so einfach wie schwierig – ein „Fröhliches Herz“ sein, wie Manfred Kalscheuer sein Werk, ein bemaltes Kiefernholz in Herzform betitelt hat?

So vielfältig ein Ort sein kann, in Ausgestaltung und Bedeutung, so vielfältig ist diese Ausstellung. Dabei gelingt es den Ausstellungsmachern und Künstlern gemeinsam, die Schau trotz der hohen Zahl der gezeigten Werke nicht zu überfrachten: Die meisten Künstler zeigen mehrere, meist jüngere Werke, doch dem Ausstellungsbesucher bleibt Platz umherzuschweifen – und den eigenen Gedanken freien Raum zu lassen.

Mag sein, dass dies durch einen für die Jahresausstellungen eher ungewöhnlichen Aufbau möglich wird: Die Stellwände, mit den klein-, mittel- und auch großformatigen Werken, gruppieren sich um die Skulpturen und Objekte in der Mitte des Saals. Der Besucher pendelt von außen nach innen und wieder zurück und ist in Bewegung – ganz so wie die „Mobile Apparatur zur Bestimmung von Orten“von Albrecht Breunlin – einem Lot, das in einer Holzkonstruktion an einem Stahlseil hängt. Wo dieser eine Ort ist – wollte man es wissen – das bleibt offen. Oder setzt sich der eine Ort nicht doch aus vielen Orten zusammen? Hans Peter Schlotter etwa zeigt „Vasenmalerei“ – die Bilder hängen an unterschiedlichen Orten in der Ausstellung. Man muss nach ihnen schon genau schauen – und findet dabei den einen Schutzort: Peter Veit hat eine so verletzliche, wie stolze Rose unter einen krummen Ast positioniert.

Ausstellung Die Jahresausstellung in der Stadthalle ist bis Sonntag, 12. November, zu sehen. Von Mittwoch bis Freitag je 16 bis 19 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr.