Feinstaubalarm in Stuttgart: Die Stadt bekommt ein Imageproblem Foto: dpa

Die Region Stuttgart lebt vom Auto – und leidet an ihm. Der Verkehr wird immer schlimmer. Wird nicht gehörig in Mobilität investiert, droht die Stadt zu erlahmen, kommentiert StN-Redakteur Rainer Wehaus.

Stuttgart - Am Mittwoch erweitert die Stadt Stuttgart ihr Parkraummanagement. Das heißt: In der Innenstadt und drum herum wird es keine kostenlosen Parkplätze mehr geben – auch für Anwohner nicht. Die Stadt hofft, dass so weniger Menschen mit dem Auto nach Stuttgart kommen. Doch welche Alternativen bietet sie?

Dass der Verkehr immer schlimmer wird, ist nicht nur in Stuttgart zu erleben. Weltweit herrscht in Ballungsräumen oft großes Chaos. Mobilität gilt als hohes Gut, doch wenn es um die Finanzierung von Verkehrswegen geht, fehlt oft das Geld. Die Schieflage zwischen den Milliardensummen, die in Sozialbereiche fließen, und notwendigen Investitionen in die Zukunft ist besonders in Deutschland eklatant. Das ist das Grundproblem: Im Vergleich zu anderen Bereichen investiert der Staat zu wenig in Mobilität – auf allen Ebenen.

Liegt es an den Grünen?

Im Raum Stuttgart ist das Problem besonders groß. Die Stadt, die für ihre Weltfirmen Daimler, Porsche und Bosch bekannt ist, bekommt allmählich ein Imageproblem. Die Schlagzeilen reichen von „Stauhauptstadt Nummer eins“ bis hin zu „Deutschlands schmutzigste Stadt“ – wegen der hohen Feinstaubwerte. Stuttgart muss aufpassen, dass das steigende Verkehrsaufkommen die Stadt nicht lahmlegt – und dass die Stadt selbst dazu nicht einen Gutteil dazu beiträgt.

Nun werden manche sagen, da müsse man sich nicht wundern. Wenn Land und Landeshauptstadt von Grünen regiert werden, sei Stillstand die natürliche Folge. Das ist natürlich zu einfach. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sich vom Autokritiker zum Autoversteher weiterentwickelt. Schließlich weiß er: Jeder vierte Arbeitsplatz im Land hängt direkt oder indirekt am Autobau. Überspitzt gesagt: Der tägliche Stau rund um Stuttgart ist der Stau, von dem wir leben. Er zeugt von Wirtschaftskraft und guter Beschäftigung. Leere Autobahnen – wie mancherorts in wirtschaftlich toten Regionen zu besichtigen – kann nun wahrlich auch kein Ziel sein.

Auch Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn ist kein Autofeind. Aber er hat Ziele, bei denen man sich fragen muss, ob er Stuttgart damit nicht eher lahmlegt als antreibt. Zwanzig Prozent weniger Autos in der Stadt – das ist ein Ziel, das sich sinnvoll nur erreichen lässt, wenn der öffentliche Personennahverkehr zeitgleich massiv ausgebaut wird. Davon kann im Moment keine Rede sein. Wer im Berufsverkehr in überfüllten S-Bahnen und Stadtbahnen steht, der kann über all die Appelle zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel nur den Kopf schütteln. Und der ärgert sich völlig zu Recht über die Schikanen, mit denen das Autofahren verleidet werden soll.

Der Wohlstand hängt am Auto

Bei manchen Organisationen, insbesondere bei den Umweltverbänden, spürt man seit Jahren eine gewisse Lust, das Auto schlechtzumachen und schlechtzureden. Wie genau diese alternative Politik aussieht, ob sie funktioniert, ist diesen Menschen egal. Hauptsache autofeindlich. Es ist in den vergangenen Jahren Mode geworden, den Managern der Autohersteller rückständiges Denken vorzuwerfen, weil die Straßen noch immer nicht voller kleiner surrender Elektroautos sind. Das ist lächerlich. Der Wohlstand vor allem der Region Stuttgart hängt davon ab, dass die Firmen nicht am Markt vorbeiproduzieren. Und die Fahrzeuge haben sich durchaus weiterentwickelt. Die Verkehrspolitik aber nicht.

Stuttgart und das Auto – das ist eine Art Hassliebe. Allen wird man es nie recht machen können. Aber Stadt und Land müssen mit Investitionen dafür sorgen, dass alle in Bewegung bleiben.