Die Renten werden kräftig steigen. Foto: Zentralbild

Die Formel zur Rentenanpassung folgt einer klugen bewährten Logik. Dies gilt es zu berücksichtigen, auch wenn es eines Tages nicht mehr so viel zu verteilen gibt. Es kommentiert Markus Grabitz

Berlin - Noch ist es nicht amtlich, doch es deutet einiges darauf hin, dass sich 20 Millionen Rentner im nächsten Jahr auf einen deutlichen Zuschlag bei ihren Altersbezügen freuen dürfen. Vier Prozent mehr – und das auch noch in Zeiten von nahezu stabilen Preisen. Das bedeutet, dass die Ruheständler deutlich mehr Kaufkraft haben werden.

Eine schöne Bescherung? Nein, der Begriff Bescherung wäre fehl am Platz. Er würde nämlich unterstellen, dass Willkür bei der Anpassung der gesetzlichen Renten im Spiel wäre. Es geht vielmehr nach Recht und Gesetz zu: Die Altersbezüge steigen besonders kräftig, weil dies die gesetzliche Rentenformel so vorsieht. Die Formel ist zwar recht kompliziert, sie hat sich aber bewährt. Mehrere klug auf-einander abgestimmte Faktoren spielen eine Rolle. Im wesentlichen folgt sie der einleuchtenden Logik, dass die Rentner finanziell profitieren sollen, wenn diejenigen, die mit ihren Beiträgen die Renten finanzieren, sich ihrerseits über Lohnsteigerungen freuen dürfen. Außerdem ist die Rentenformel im besten Sinne nachhaltig: Wenn der Arbeitsmarkt so exzellent läuft wie derzeit und sich die finanziellen Lasten der Rentenausgaben auf deutlich mehr Beitragszahler-Schultern verteilen, wirkt dies rentensteigernd.

Es geht also bei der saftigen Rentenanpassung alles mit rechten Dingen zu. Daher verbietet sich auch jede Missgunst. Das heißt dann aber auch, dass die gleichen Spielregeln gelten sollten , wenn es einmal wieder anders läuft. Wenn die Beschäftigung irgend wann einmal wieder bröckelt, die Lohnentwicklung enttäuscht und es weniger zu verteilen gibt als heute, sollten auch die Ruheständler dies so akzeptieren.

Die fetten Jahre sind aber vorbei

Angesichts der satten Zuschläge, die den Rentnern für 2016 in Aussicht gestellt werden, erscheint es zunächst abwegig: Aber es ist an der Zeit, die Euphorie in Sachen Rente zu bremsen. Die fetten Jahre in der gesetzlichen Altersvorsorge, in denen immer wieder die Beiträge sanken und dennoch Milliardensummen als Polster auf die Seite gelegt werden konnten, neigen sich dem Ende zu. Die Menschen sollten sich darauf einstellen, dass in nächster Zeit eher ernüchternde Nachrichten von der Rente kommen werden. Die Rentenversicherung wird in den nächsten Jahren von ihrer Substanz leben, die Rücklagen werden abgeschmolzen. Es ist schon jetzt absehbar, dass der Notgroschen in wenigen Jahren die Grenze von 0,2 Monatsausgaben unterschreiten wird . Dann werden wieder Beitragssatzsteigerungen auf die Beschäftigten zukommen. Dann wird sich auch zeigen, dass die gesetzliche Altersversorgung nicht ausreichend auf die Alterung der Gesellschaft vorbereitet ist und damit für eine schon jetzt absehbare Entwicklung keine Risikopuffer bestehen.

Die Verantwortung dafür liegt bei der derzeitigen Bundesregierung. Eigentlich war die Rente durch die beschlossene Verlängerung der Lebensarbeitszeit zukunftsfest aufgestellt. Doch die Pluspunkte der Rente mit 67 wurden leichtfertig verspielt. Die schwarz-rote Koalition hat die folgenreichen Beschlüsse gefasst: Nämlich, Beschäftigte unter bestimmten Bedingungen schon mit 63 abschlagsfrei in Rente zu schicken und Müttern für Kinder, die vor 1991 geboren wurden, Zuschläge zur Rente zu gewähren. Wohl gemerkt: Der Sündenfall besteht nicht darin, dass diese Wohltaten gewährt wurden. Zu kritisieren ist vielmehr, dass die Milliardenkosten dafür nicht aus Steuern bezahlt werden, sondern den Beitragszahlern aufgebürdet werden. Die Lasten werden an die nachfolgenden Generationen weitergegeben. Auf diesen Skandal haben die führenden Ökonomen gestern zu Recht noch einmal hingeweisen.