Wer muss künftig noch wie lange arbeiten? Foto: dpa

Ab 60 nur noch drei bis vier Tage pro Woche arbeiten? Diese Vorschlag der Gewerkshaft IG-BCE klingt verheißungsvoll, doch er hat seine Tücken.

Stuttgart - Es gibt Aussagen, die scheinbar keinen Widerspruch dulden. Oder gibt es jemanden, der ernsthaft eine andere Meinung hat als Peter Hausmann, der darauf pocht, dass Menschen gesund in Rente gehen können? Wohl kaum. Und deshalb kann ja wohl auch niemand etwas dagegen haben, wenn der Verhandlungsführer der Chemiegewerkschaft IG BCE die Schlussfolgerung zieht, ab 60 in den Sinkflug zu gehen und die Arbeitszeit auf drei oder vier Arbeitstage zu reduzieren.

Die Frage ist nur, ob es sinnvoll ist, nach der Rente mit 63 weitere Gruppen von Berufstätigen vorzeitig aus dem Erwerbsleben zu schicken. Mehr Flexibilität beim Übergang vom Arbeitsleben in die Rente ist sicher hilfreich – doch bisher wird diese Debatte fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt eines früheren Renteneintritts geführt, der möglichst vieles von der Rente mit 67 rückgängig macht. Dabei wäre es sinnvoll, sich mehr Gedanken darüber zu machen, wie man die Erfahrung von Menschen jenseits des Rentenalters auf freiwilliger Basis weiter nutzen kann. Denn es gibt auch Menschen, für die Arbeit mehr ist als Verschwendung von Lebenszeit. Und es gibt viele Firmen, denen Mitarbeiter fehlen.

Eine ganz andere Frage ist, ob Beschäftigte zu längerer Arbeit auch in der Lage sind. Die hohe Beteiligung älterer Mitarbeiter bei Abfindungsprogrammen zeigt, dass der Verschleiß oft hoch ist – das gilt sowohl in der Produktion als auch bei kaufmännischen und administrativen Aufgaben, die in vielen Firmen von immer weniger Mitarbeitern bewerkstelligt werden müssen. Chefs, die ihre Mitarbeiter länger halten wollten, dürfen daher nicht nur auf die Politik zeigen. Sie müssen Älteren erst einmal selbst Bedingungen bieten, unter denen diese zu längerer Berufstätigkeit in der Lage sind.

k.koester@stn.zgs.de