Hat momentan genügend Gründe, das Gesicht zu verziehen: AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen während einer Rede im Stuttgarter Landtag Foto: dpa

Die Querelen in der AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag zeigen, dass es sehr viel leichter ist, Politik zu kritisieren, als Politik zu machen. Jörg Meuthen ist bereits jetzt schwer beschädigt, kommentiert Rainer Wehaus.

Stuttgart - Bislang ist Jörg Meuthen eher als Abwiegler aufgetreten. Grenzwertige Sprüche von Parteifreunden hat der Landes- und Bundeschef der AfD als Ausrutscher oder Missverständnisse abgetan. Den Mann, so schien es, bringt nichts aus der Ruhe. Vielleicht war ihm das alles selbst zuviel. Vielleicht hat sich da was in ihm aufgestaut. Im Fall des Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon hat sich Meuthen jedenfalls an die Spitze der Kritiker gesetzt und relativ früh (und ohne Rücksprache mit seiner Fraktion) dessen Ausschluss aus der Fraktion gefordert.

Ein Fehler

Das war insofern ein Fehler, weil sich ein Teil der Fraktion nun nicht ganz zu Unrecht fragt: Warum soll ausgerechnet Gedeon ausgeschlossen werden, obwohl der auch nichts Schlimmeres von sich gegeben hat als andere? Soll hier ein Exempel statuiert werden? Und wenn ja: Wer ist als Nächster dran? Neun Abgeordnete haben sich intern klar gegen einen Ausschluss Gedeons positioniert. Meuthen ist somit von einer notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit weit entfernt. Der AfD-Chef erlebt seine erste Meutherei – und vielleicht auch gleich seine letzte. Denn hinter seine Ankündigung, im Falle einer Verweigerung seiner Fraktion den Bettel hinzuwerfen, kann er nicht zurück.

Mehrheit hinbekommen

Noch hat Meuthen zehn Tage Zeit, eine Mehrheit irgendwie hinzubekommen. Abgestimmt werden soll am 21. Juni. Aber schon jetzt ist der Hoffnungsträger der AfD schwer beschädigt. Und vieles spricht dafür, dass die etablierten Parteien die AfD nicht bekämpfen müssen. Das macht sie schon selbst. Mit den Querelen im Stuttgarter Landtag sendet die AfD auch ein Signal für die Bundestagswahl 2017: Eine Partei, die sich bereits wenige Wochen nach der konstituierenden Sitzung eines Landesparlaments zerlegt, ist keine Alternative für Deutschland.

rainer.wehaus@stuttgarter-nachrichten.de