Teilt kräftig gegen die Kardinäle und Prälaten im Vatikan aus: Papst Franziskus Foto: dpa Foto:  

Papst Franziskus liest dem kirchlichen Spitzenpersonal gehörig die Leviten. Der Friedensnobelpreis für Franziskus wäre mehr als angemessen, sagt unser Kommentator.

Stuttgart - Wow! Was für eine Abreibung und Strafpredigt! Von Franziskus ist man ja deutliche Worte gewöhnt, aber so direkt, entlarvend und schonungslos waren sie selten. Der Papst ist niemand, der den Dreck vor der eigene kirchlichen Haustür untern Teppich kehrt. Bei seinem diesjährigen Weihnachtsempfang für die obersten Chefs und leitenden Mitarbeiter der Vatikan-Behörden hat er sich aber selbst übertroffen und den Kardinälen und Prälaten gehörig die Leviten gelesen. Keine freundlich-unverbindlichen Förmlichkeiten, um das Jahr besinnlich ausklingen zulassen, sondern Vorwürfe wie mit dem Stahlmeißel in Beton gehauen.

15 kuriale Krankheiten

Eitel, geschwätzig und arrogant sei sie, die kirchliche Verwaltungsspitze der römischen Kurie. Karrieresüchtig und exhibitionistisch, hartherzig und obsessiv. Mit versteinerten Gesichtern saßen die versammelten Kirchenfürsten vor ihrem Oberhaupt und mussten das Lamento stumm-leidend über sich ergehen lassen.

15 Krankheiten diagnostiziert der Papst, an denen die höchsten kirchlichen Mitarbeiter leiden würden: Sie hielten sich für immun und unersetzbar, würden an einer „existenziellen Schizophrenie“ leiden, „kaltblütig den Ruf des Nächsten“ töten sowie Güter, Titel und weltlichen Profit ansammeln wie andere Panini-Bilder. Nicht zu vergessen das elendige „Einschmeicheln“ bei den Chefs, die sich in ihrer grenzenlosen Eitelkeit auch noch schmeicheln lassen.

„Spirituelles Alzheimer“

Statt Glaubensfreude in die Welt hinauszutragen, würden sich an ihrem eigenen „Beerdigungsgesicht“ laben. Statt griesgrämig und mürrisch dreinzuschauen, empfiehlt Franziskus den Würdenträgern mehr Humor und die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen. Das Lachen – das muss man neidlos anerkennen – beherrscht Franziskus wie kein anderer Kirchenmann. „Geistige Versteinerung“ führe zu „spirituellen Alzheimer“, warnt er. Noch so eine großartige Wortschöpfung aus der pontifikalen Schatzkiste. Man darf gespannt sein, was dieser Pontifex noch alles an verbalen Preziosen aus dem Hut zaubert, um den vatikanischen Krämerladen aufzumischen. Vor allem ist zu hoffen, dass den harschen Worten Taten folgen und die römischen Kurialen sich das „Convicium“ (der theologische Begriff für Strafpredigt) zu Herzen nehmen und nicht nur versuchen werden, dieses für sie so unangenehme Pontifikat auszusitzen.

Friedensnobelpreis für Franziskus

Der Friedensnobelpreis für Franziskus – den „Versöhner von Weltkonflikten“ – wie jetzt Spitzenpolitiker Deutschlands und der EU fordern, wäre mehr als angemessen. Der Papst hat nicht nur bei der jüngsten Annäherung zwischen den USA und Kuba eine zentrale Rolle gespielt, sondern erhebt immer wieder seine Stimme für die Armen, Benachteiligten und Unterdrückten. Wie sagt der polnische Ex-Präsident Lech Walesa – selbst Träger des Friedensnobelpreises: Der Nobelpreis sei eigentlich „zu klein“ für Franziskus’ Verdienste. Recht hat er!