Mit dem VfB Stuttgart Deutscher Meister geworden, 52 Länderspiele: Thomas Hitzlsperger. Foto: dpa

Das Bekenntnis des ehemaligen Fußballprofis Thomas Hitzlsperger findet nur deshalb so viel Beachtung, weil der Fußball noch immer seine alten Rituale pflegt, findet Sport-Chef Gunter Barner.

Das Bekenntnis des ehemaligen Fußballprofis Thomas Hitzlsperger findet nur deshalb so viel Beachtung, weil der Fußball noch immer seine alten Rituale pflegt, findet Sport-Chef Gunter Barner.

Stuttgart - Es ist schon seltsam: Ein ehemaliger Fußballprofi sagt eigentlich nur, was er ist: homosexuell. So wie Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit oder der ehemalige deutsche Außenminister Guido Westerwelle. Nadine Angerer, die bisexuelle Torhüterin der aktuellen Fußball-Europameisterelf, macht kein Geheimnis daraus, dass sie die Abwechslung schätzt. Da sollte nach menschlichem Ermessen auch das couragierte Bekenntnis von Thomas Hitzlsperger keine öffentlich wirksamen Ausmaße erreichen, als hätte die Nationalelf soeben die Teilnahme an der nächsten Fußball-Weltmeisterschaft verpasst. Tut es aber. Denn der Steilpass des früheren VfB-Kapitäns zielt in eine andere Welt – in die des Profifußballs.

Das lässt Rückschlüsse zu – auf die zwischenmenschlichen Befindlichkeiten einer sportiven Sub-Kultur, die im neuzeitlichen Gewand ihre alten Rituale pflegt. Noch immer wird die Bundesliga gern vermarktet als geschützter Hort für schmerzfreie Kämpfernaturen und als Biotop der unverfälschten Männlichkeit. Doch das Schauspiel, das auf der Bühne des großen Fußballs gegeben wird, entspricht immer seltener der Wirklichkeit. Das Mannsein definiert sich im 21. Jahrhundert eben nicht mehr allein über ein archaisches Verständnis des Maskulinen.

Das weiß auch der frühere VfB-Kapitän Thomas Hitzlsperger, dessen öffentlicher Steilpass zwar mutig ist, aber keine Heldentat. Denn längst manifestiert sich auch in jungen Berufsfußballern das Bild einer Gesellschaft, in der die sexuelle Selbstbestimmung zur Selbstverständlichkeit wird. Was in Politik, Kultur oder Wirtschaft möglich ist, wird sich in absehbarer Zeit auch auf Rasen und Rängen durchsetzen. Thomas Hitzlsperger ist schwul? Na, und!