Und am Ende jubeln die Bayern: Mats Hummels (Mi.) und Helfer beim DFB-Pokalspiel in Jena Foto: dpa

Allmählich wird’s eintönig in der Bundesliga: Wenn nicht ein Wunder geschieht, geht auch der nächste deutsche Meistertitel an die Streber aus München. Denn: Die Reichen werden immer reicher. Ein Kommentar von StN-Autor Gunter Barner.

Stuttgart - Bevor die traditionell mutlosen Sportsfreunde in Frankfurt oder Bremen auf die Idee kommen, wegen der Aussichtslosigkeit des Unterfangens ihre Altherren-Mannschaft zum Duell nach München zu schicken, erinnern wir zum Ligaauftakt an den Radprofi Udo Bölts. Der im Auf und Ab der Vogesen seinen matten Kapitän Jan Ullrich einst mit den Worten aufmunterte: „Quäl dich, du Sau!“ Womit er eine alte Regel des sportlichen Wettkampfs auf eine griffige Formel reduzierte: Wer sich gegen die Lederhosen reinhaut, kann auf dem Hosenboden landen. Wer es erst gar nicht probiert, dem gehört der selbige lang gezogen.

Mehr Geld ist nicht alles

Nun werden sie andernorts, beispielsweise in Dortmund, Schalke, Leverkusen oder Wolfsburg einwenden, dass der Grad ihres Aufbegehrens gegen das Bergvolk vom Fuß der Alpen stark korreliert mit den eigenen finanziellen Möglichkeiten. Was nicht ganz falsch ist, aber auch nicht ganz richtig. Denn viel Geld zu haben ist das eine, viel daraus zu machen, das andere. Okay, lassen wir das lieber mit dem VfB Stuttgart Aber haben nicht gerade die Schmalspur-Kapitalisten von Borussia Mönchengladbach schon bewiesen, dass man dem FC Bayern München mit List und Tücke eine lange Nase drehen kann? Vergangene Saison siegten sogar die Mainzer Karnevalisten mit 2:1 im Stammland der Selbstbewussten. Natürlich bestätigt die Ausnahme wie immer die Regel.

Weshalb die Liga sicherlich nicht falsch beraten ist, wenn sie mehr Hirnschmalz als bisher darauf verwendet, die wachsenden Kapitalströme so zu lenken, dass die Reichen nicht immer reicher werden. Das hemmt den Wettbewerb und schürt die Langeweile. Zwar brummt das Geschäft nach wie vor, aber gelinde Ermüdungserscheinungen unter der Kundschaft sind nicht mehr zu übersehen. Wo exzessiver Kommerz das Kulturgut Fußball zu einem schnöden Teil der Unterhaltungsindustrie herabwürdigt, beginnt der Fan seltsame Fragen zu stellen. Zum Beispiel die, wem der Fußball eigentlich gehört. Vielleicht den korrupten Maßanzügen bei den internationalen Großverbänden? Oder den Christian Seiferts dieser Welt, die via Deutscher Fußball Liga den Marschbefehl zur besseren Vermarktung im Schatten der chinesischen Mauer ausgeben? Aber wer um Himmels Willen kauft in der hinteren Mongolei das Trikot von Darmstadt 98? Oder gehört das Spiel den Sponsoren, die zum Event ihre Busladungen mit Gelegenheits-Mannequins auskippen. Die, mit High Heels und Smartphones bewaffnet, die Geruchs-Attacken ganzer Stadtparfümerien auf die Ränge tragen. Jessas, vielleicht schaut am Ende ja noch der nette Herr Ancelotti vorbei. Ist das nicht der, der so gut Italienisch spricht?

Grillwurst statt Krabbenbrötchen

Nein, nein, und nochmals nein. Die Faszination des Fußballs ist sein archaischer Keim, der harte, aber faire Kampf Mann gegen Mann und die unverbrauchte Begeisterung aller, die dieses Spiel lieben. Er ist mehr 1. FC Köln als RB Leipzig, mehr SC Freiburg als 1899 Hoffenheim, mehr Grillwurst und Bier als Krabbenbrötchen und Prosecco, mehr Duft nach Rasen als nach Gucci. Der Coup der Kleinen gegen die vermeintlich Großen muss realistischer Teil des Programms bleiben.

Die Bundesliga hat es bisher ganz gut verstanden, die Insignien des Big Business aus dem Spiel zu halten. Aber die Regeln weichen auf, es scheint, als seien Oligarchen und Großinvestoren auch hierzulande nur noch eine Frage der Zeit. Deshalb: Schlagt die Lederhosen, solange sie noch zu schlagen sind.

gunter.barner@stuttgarter-nachrichten