Dem Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke droht der Rauswurf aus seiner Partei. Foto: dpa

Das Parteiausschlussverfahren gegen Björn Höcke bedeutet eines nicht: dass die AfD weniger rechts tickt als zuvor, kommentiert Berlin-Korrespondentin Katja Bauer.

Berlin - Die Spitze der AfD hat nun beschlossen, ein Parteiausschlussverfahren gegen ihren prominenten Vertreter Björn Höcke anzustrengen. Diese Entscheidung mag auf den ersten Blick so aussehen, als wolle die Partei eine Grenze ziehen – nach rechts.

Zweifel an dieser Schlussfolgerung sind aus verschiedenen Gründen angebracht. Da wären zunächst einmal die formalen Hürden, die für einen Ausschluss nach dem Parteiengesetz sehr hoch liegen. Verfahren wie diese dauern lange, der Nachweis muss erbracht werden, dass gegen die Satzung oder Grundsätze der Partei verstoßen wurde. Man erinnere sich an die SPD – eine Partei, die ganz anders als die AfD ein klar solidarisches, egalitäres Menschenbild in ihrem Programm formuliert hat – der es nicht gelang, ihr Mitglied Thilo Sarrazin in zwei Ordnungsverfahren auszuschließen. In Rede standen damals Interviews und sein Buch, worin Sarrazin unter anderem bestimmte charakterliche Eigenschaften letztlich auf eine rassisch-biologische Zugehörigkeit zurückgeführt hatte.

Björn Höcke könnte sehr gut recht behalten mit der Einschätzung, dass das Verfahren gegen ihn erfolglos sein wird. Bis dahin aber werden vermutlich Monate vergehen, in denen – mitten im Bundestagswahlkampf – die Unterstützung für den rechten Anführer wächst, der sich nun auch schon der Anfechtungen der vermeintlich politisch Korrekten in den eigenen Reihen erwehren muss. So macht man Helden.

Ein doppelbödiges Vorgehen

Was dann? Wer ganz Böses denkt – und dazu gibt es nach den Winkelzügen der AfD-Strategen durchaus Anlass – kann den Ausschlussversuch sogar als ein bewusst doppelbödiges Vorgehen betrachten. Scheitert das Verfahren, dann sähe es nach außen so aus, als sei Höcke mit all seinen Thesen vom „afrikanischen Ausbreitungstyp“ bis zur „dämlichen Bewältigungspolitik“ innerhalb der Partei und des Parteiengesetzes legitimiert. Die Folge in der Partei, in der immer noch der Machtkampf tobt, wäre klar: Die Rechtsextremisten würden massiv gestärkt.

Eine weitere Möglichkeit ist, dass es schon bald kein Parteiausschlussverfahren mehr gibt: Nach der im Vorstand bereits umstrittenen Entscheidung regte sich sofort beträchtlicher Widerstand in der Partei, eine Petition pro Höcke wurde gestartet. Wie volatil dieser vom Machtkampf gezeichnete Vorstand in seinen Entscheidungen ist, zeigte sich erst im Januar – da hatte er gegen ein Ausschlussverfahren entschieden. Das letzte Mal als ein Vorsitzender sich gegen den Mann aus Erfurt wandte, verließ nicht Höcke die Partei, sondern Bernd Lucke.

Die Parteiausrichtung ändert sich nicht

Björn Höcke jedenfalls steht nicht allein, er repräsentiert einen nationalistischen, völkischen Kurs. Von Einzelnen in der Partei zu reden, beschreibt die Verfasstheit der AfD nicht zutreffend. Ein bedeutender Flügel steht hinter dem Mann aus Erfurt, Granden wie Jörg Meuthen und Alexander Gauland stützen Höcke. Diese breite Strömung kann man nicht mit einem Parteiausschlussverfahren „justieren“, wie Frauke Petry sich ausgedrückt hat. Und das weiß eigentlich auch jeder.

Und selbst wenn wir einmal annehmen, es käme zu einem Ausschlussverfahren, an dessen Ende Björn Höcke die Partei verlassen müsste, würde dies nur eins bedeuten: Die AfD hätte ein wichtiges radikal rechtes Mitglied weniger als zuvor. Die Ausrichtung der Partei würde das noch nicht ändern. Der derzeit zu besichtigende Streit spricht eher für die Wahrscheinlichkeit einer Spaltung als für eine inhaltliche Kurskorrektur. Wenn die AfD glaubwürdig zeigen will, dass ihr politisch daran liegt, sich mit der Grenze des „demokratisch Erträglichen“ auseinanderzusetzen, dann müsste sie beginnen, diese Grenze tatsächlich inhaltlich und programmatisch zu definieren. Nach rechts war in dieser Hinsicht die politische Offenheit bisher beispiellos.