Günter H. beteuert seine Unschuld – der Bundesgerichtshof muss entscheiden Foto: dpa

Das Landgericht hat im Kofferleichen-Prozess ein überraschendes Urteil gesprochen. Der Bundesgerichtshof muss es ganz genau prüfen, meint George Stavrakis in seinem Kommentar.

Stuttgart - Der Kofferleichen-Prozess ist mit einem Paukenschlag zu Ende gegangen. Nicht das Strafmaß – lebenslang – überrascht. Die 1. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart hat eine völlig neue Version des schrecklichen Tathergangs auf den Tisch gebracht. Und sie hat ihre Erkenntnisse durchaus schlüssig begründet.

So mancher Prozessbeobachter hat während der Hauptverhandlung mehrfach die Stirn in Falten gelegt ob der Akribie der Richterinnen und Richter. In der Regel umreißt der jeweilige Sachbearbeiter die Ermittlungsergebnisse vor Gericht. Hier aber berief die Vorsitzende Richterin allein rund ein Dutzend Kriminaltechniker in den Zeugenstand. Und statt einem Rechtsmediziner vernahm die Kammer gleich mehrere.

Man wollte und musste der merkwürdigen Version des Angeklagten nachgehen. Die 1. Strafkammer hat dies mit einer bemerkenswerten Hartnäckigkeit getan. Sie hat dem mutmaßlichen Mörder – noch ist das Urteil nicht rechtskräftig – einen fairen Prozess verschafft. Das war notwendig, das ist an sich selbstverständlich, das darf aber auch gewürdigt werden.

Jetzt wird sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem sogenannten Koffermord zu befassen haben. Die hohen Richterinnen und Richter müssen einen ebenso akribischen Blick auf den Fall werfen wie das Landgericht. Denn Tatzeugen gibt es nicht. Vieles liege in dichtem Nebel, hat der Verteidiger bemängelt. Das zeigt allein die Tatsache, dass die Kammer nicht der Version des Staatsanwalts gefolgt ist. Er war in seinem Plädoyer zurückgerudert, er sah keinen Mord.

Es gibt nur einen Menschen, der genau weiß, was geschehen ist. Doch Günter H. will unschuldig sein. Der BGH muss ganz genau hinschauen.