In Feuerbach wohnen mittlerweile Flüchtlinge. Weitere Unterkünfte werden dringend gebraucht Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Stadt muss neue Unterkünfte für Flüchtlinge bauen. Keine Frage: Die Not ist groß und die Zeit drängt. Doch die Anlieger müssen früher und offener informiert werden. Auch da hat die Stadt Nachholbedarf, meint Wolfgang Molitor.

Stuttgart - Die erste Flüchtlingstranche hatte 1038 Unterkunftsplätze; die zweite 446; die dritte 561. Für die Versorgung und die Unterkünfte hat die Stadt Stuttgart bisher 39 Millionen Euro ausgegeben. Doch damit nicht genug. Es wird eine vierte und eine fünfte Tranche geben. Gut möglich, dass noch weitere folgen. Bis Ende nächsten Jahres dürfte die Landeshauptstadt Wohnraum für 8000 Flüchtlinge benötigen. Und schon jetzt steht zu befürchten: Das ist nicht zu schaffen.

Bis Ende 2016 dürften allen Anstrengungen zum Trotz rund 2100 Unterkunftsplätze fehlen. Rund 300 Flüchtlinge Monat für Monat. Es muss also weiter gebaut werden. Am Ende werden die Kosten allein für neue Systembauten vermutlich eher an der 200- als an der 100-Millionen-Euro-Grenze liegen. Das ist alles in allem – auch wenn diese Kosten von Bund und Land übernommen werden – kein Pappenstiel. Und kein Anlass, der Stadt fehlendes Engagement, schlechte Planung oder mangelnde Sorgfalt vorzuwerfen. Im Gegenteil. Man muss dem Stuttgarter Sozialamtsleiter zustimmen, wenn er stöhnt: Eine solche dramatische Entwicklung hat es in der jüngeren Geschichte der Stadt noch nicht gegeben.

Der Ansturm ist nicht nur eine Herausforderung, die die Stadt Geld, viel Geld kostet. Es braucht auch mehr, viel mehr Fingerspitzengefühl, wenn es darum geht, Flüchtlinge dezentral auf Stadtbezirke zu verteilen. Unbestritten: Die Not ist groß und die Zeit drängt. Aber ohne eine frühere und offenere Information der Anlieger dürfen neue Flüchtlingsunterkünfte nicht von oben herab festgelegt werden. Wer sich intensiv um Menschen in Not kümmert, darf die Sorgen und Fragen von verunsicherten Anwohnern nicht auf die leichte Schulter nehmen. Nicht nur bei Neubauten besteht Nachholbedarf.