Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Erbschaftsteuer in Teilen verfassungswidrig ist Foto: dpa

Das Ziel, den Bestand von Familienunternehmen auch im Erbfall zu sichern, ist wichtig und wird vom Verfassungsgericht auch nicht infrage gestellt. Doch auf Kosten der Steuerzahler werden heute auch Vermögen übertragen, für die die Vergünstigung gar nicht gedacht ist.

Stuttgart - 90 Prozent aller Unternehmen sind in der Hand von Familien; sie investieren viel stärker in Deutschland als Weltkonzerne, und auch wenn viele von ihnen nicht einmal 20 Arbeitsplätze bieten, spielen sie in Summe eine bedeutende Rolle. Am Fortbestand von Familienfirmen gibt es somit ein großes öffentliches Interesse, dem der Staat durch Steuerprivilegien gerecht wird – vor allem bei der Erbschaftsteuer.

Bei dieser Steuer geht es für viele Firmen ums Eingemachte: Unter ungünstigen Umständen bleibt den Erben nichts anderes übrig, als die übernommene Firma zu zerschlagen, auszuplündern oder zu verkaufen, um dem Staat zu geben, was des Staates ist. Doch ein geschwächtes Unternehmen fällt womöglich nicht nur als Steuerzahler aus, sondern auch als Arbeitgeber. Es wäre also fatal gewesen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Sonderregeln für die Übertragung von Betriebsvermögen gekippt hätte.

Genau das aber hat es nicht getan, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht. Vielmehr hat es die Begünstigung größerer Anteile an Firmen im Grundsatz bestätigt und damit die besondere Rolle von Familienunternehmen anerkannt. Nicht für gerechtfertigt hält es dagegen die gleichförmige Bevorzugung aller Betriebsvermögen. Das ist gut nachzuvollziehen. Denn zu den Familienunternehmen zählen nicht nur Mittelständler, sondern auch Börsenkonzerne wie etwa BMW. Wenn die Familien Quandt und Klatten ihre 45-Prozent-Anteile eines fernen Tages vererben, wird BMW darunter kaum zu leiden haben, weil es für die Steuer ausreicht, dass die Nachfolger einen Teil der geerbten Aktien verkaufen.

Die Nachfolger des Mittelständlers dagegen, dessen Vermögen das Unternehmen selbst war, müssten die Firma womöglich ausplündern, um die Steuer zu bezahlen. Hier ist eine – an den Erhalt von Arbeitsplätzen geknüpfte – Begünstigung viel eher zu rechtfertigen. Auch der Umstand, dass Kleinunternehmen unter 20 Arbeitsplätzen überhaupt keine Vorgabe zum Erhalt von Arbeitsplätzen erfüllen müssen, hat die Richter zu Recht gestört – denn der Erhalt der Arbeitsplätze ist einer der wesentlichen Gründe für die Begünstigung überhaupt.

Das Ziel, den Bestand von Familienunternehmen über den Erbfall hinaus zu sichern, haben die Richter akzeptiert – nicht aber Regeln, die über dieses Ziel hinausschießen. Für die Firmen, die auf eine Begünstigung angewiesen sind, ist dies letztlich eine gute Nachricht – und auch für die Steuerzahler, die bisher Vergünstigungen mitfinanziert haben, die für dieses Ziel gar nicht erforderlich sind.