Dass es schmerzt, eine Kirche abzureißen, versteht sich von selbst. Im Birkacher Fall scheint es aber der beste Weg zu sein, findet unser Autor. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

In Birkach und im Steckfeld wird sich in den nächsten Jahren einiges verändern. Der Grund sind die Pläne der Katholischen Kirche. Unser Autor Cedric Rehman sieht darin eine große Chance für die beiden Filderbezirke. Ein Kommentar.

Steckfeld - Der Aufschrei einiger Katholiken gegen den Abriss der Pallotti-Kirche ist verständlich. Er ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich für Kirche und Bezirk eine profan scheinende, aber viel versprechende Lösung abzeichnet. Dass Bagger Mauern einreißen sollen, die einst geweiht worden sind, mutet auch säkularen Zeitgenossen wie ein Sakrileg an.

Ein Segen für Familien, Flüchtlinge und Studenten

Doch vielleicht können sich auch Gläubige mit dem als brutal und respektlos empfundenen Kirchenabriss abfinden, wenn sie sich überlegen, wie sehr die Gemeinde und gerade der bedürftige Nächste profitieren könnten. Flüchtlinge und Studenten mit kleinem Budget sollen auf dem früheren Kirchenareal einmal ein bezahlbares Dach über dem Kopf finden. Auch für Familien, die in Stuttgart immer verzweifelter nach einer Wohnung suchen, kommt jedes zusätzliche Angebot auf den angespannten Markt einem Akt der Nächstenliebe gleich.

Die Kirche hat zudem durch den geplanten Andachtsraum auf dem Areal sowie der möglichen Unterbringung eines Nonnenkonvents genug Möglichkeiten, dem neuen Quartier eine Prägung zu geben. Die Birkacher Katholiken verlieren einen lieb gewonnen Ort. Sie gewinnen aber einen neuen hinzu, den sie allerdings auch annehmen und gestalten müssen. Die Stadt trägt mit ihren Vorgaben zudem dafür Sorge, dass das Siedlungswerk noch mehr für den Bezirk tut, als neue Wohnungen zu bauen. Sie muss Kitaplätze schaffen sowie ein Pflegeheim für 50 Bewohner.

Den Mietern wurde ein gleichwertiger Ersatz versprochen

Weil das Heim aber in zentraler Lage im Stadtteil Steckfeld entstehen soll, droht dem Bezirk durch das Projekt ein Konflikt. Um es auf den Punkt zu bringen, will das Siedlungswerk im Stadtteil Steckfeld Wohnungen für ein Pflegeheim abreißen, um so von der Stadt die Erlaubnis für den Bau neuer Wohnungen in Birkach zu bekommen. Die Rechnung soll sozial gerecht aufgehen, weil sie den Mietern an der Karlshofstraße einen auch in Bezug auf die Miethöhe gleichwertigen Ersatz in Aussicht stellt.

Die betroffenen Mieter wird die Nachricht von den Abrissplänen dennoch in Aufregung versetzen. Kirche und Bezirk stehen in der Pflicht, das Siedlungswerk künftig an seine Versprechungen gegenüber den Mietern an der Karlshofstraße zu erinnern. Denn nur so wird die zunächst profan scheinende Lösung wirklich auch gut für alle sein.