Ein Nachfolger für Angela Merkel ist nicht in Sicht. Foto: dpa

Es gibt keinen Grund, warum Angela Merkel nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren sollte, findet Wolfgang Molitor. Das liegt auch daran, dass potenzielle Nachfolger nicht in Sicht sind.

Stuttgart - Warum sollte sie? Warum sollte Angela den Kopf schütteln, falls man sie tatsächlich fragte, ob sie 2017 tatsächlich noch einmal antreten wolle, um Bundeskanzlerin zu bleiben? Für eine dann vierte Amtszeit. Es gibt schließlich kaum Gründe – zumindest nicht in ihrer Partei, aber offensichtlich auch in realitätsnahen SPD-Kreisen –, die im Moment gegen ein anerkennendes deutsches Weiter-so mit Merkel sprechen. Nicht mal die Griechen würden Merkel gegen Sigmar Gabriel tauschen wollen.

Dabei spielen die aktuellen Umfragen die geringste Rolle. Sie sind in der Regel einer Tagestemperatur geschuldet, die aus einem vermeintlich stabilen Hoch schnell ein eiskaltes Tief werden lassen kann. Selbst bei einer wie Merkel. Glaub- und Vertrauenswürdigkeit sind in einem Geschäft schnell verspielt, das alles kennt – nur keine Dankbarkeit.

Die Bundeskanzlerin weiß das. Dabei fällt ihr leicht, ohne maskuline Kraftmeierei Politik zu gestalten, ohne aufgesetzte Gesten große Sympathie und Achtung zu gewinnen, ohne Getöse Entscheidungen durchzusetzen. Deutschland hat sich daran gewöhnt, mit Geduld und Ausdauer regiert zu werden. Wer Merkel und ihre Union nicht mag, wird genug Haare in der schwarzen Suppe finden, um sich eine andere Person an der Regierungsspitze zu wünschen. Aber er dürfte zum jetzigen Zeitpunkt grandios an der Frage scheitern, wen er denn für besser hielte. Ganz konkret.

Ursula von der Leyen und Thomas de Maizière allenfalls eine Notlösung

Natürlich hat Merkels Popularität weit über ihre eigenen Reihen hinaus auch einen Nachteil: ein Nachfolger, eine Nachfolgerin ist bereits für die kommende Bundestagswahl nicht in Sicht. Merkel hat bisher auch nichts getan, um eine Nachfolge vorzubereiten. Die Verteidigungsministerin, der Ressortchef Inneres – Ursula von der Leyen noch Thomas de Maizière wären aus heutiger Sicht allenfalls eine Notlösung. Mit mehr persönlichen Risiken als inhaltlichen Chancen. Und hinter den beiden herrscht erst recht das große Schweigen. Was also soll eine Partei tun, die ihre Vorsitzende nicht mal fragen darf, wie sie es mit einer vierten Kandidatur hält? Die geduldig, wenngleich freudig erregt darauf vertrauen muss, dass ihr die Kanzlerin schon früh genug Bescheid geben wird, dass sie es noch einmal wissen will.

Winfried Kretschmann hat seinen Grünen da schon mehr verraten. Baden-Württembergs Ministerpräsident will jedenfalls ganz aus der Politik aussteigen, wenn er im nächsten Frühjahr nicht mehr als Landesgroßvater bestätigt werden sollte. Da wird dann aus dem Banalen der große Coup. Was sollte Kretschmann denn sonst auch tun? Früher wurden abgewählte Ministerpräsidenten nicht selten als Bundesminister abgelegt – vor allem bei der SPD.

Aber dieser Weg dürfte Kretschmann altershalber wie koalitionstechnisch ohnehin verwehrt bleiben. Bliebe noch als spätes Glück im Unglück das Amt des Bundespräsidenten, aber dafür ist Kretschmann in Konkurrenz zu Joachim Gauck dann wieder etwas zu jung. Was zeigt: Während Sieger stets als jung und dynamisch gelten, sehen Verlierer immer alt und verbraucht aus. Das Geburtsdatum spielt dabei dann in der Regel eine höchst nebensächliche Rolle. Stefan Mappus lässt grüßen.

Auch deshalb will Kretschmann siegen. Weil danach sonst Schluss wäre. Deshalb hat er früh seinen Hut in den Ring geworfen. Um zu rufen: Ihr müsst mich schon noch einmal wählen, wenn ich mich noch ein paar Jahre bestaunen wollt. Angela Merkel hat so etwas nicht nötig. Eine geschlagene Bundeskanzlerin setzt sich nicht mehr auf die Oppositionsbank. Von Gerhard Schröder lernen heißt aussteigen lernen. Aber wer weiß? Vielleicht haben sich beide ja noch etwas gemeinsam vorgenommen. Der Grüne und die Schwarze.