Neuanfang mit Blumenstrauß: Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch Foto: dpa

Viele konnten sich bisher die Linke im Bundestag ohne Gysi an der Spitze kaum vorstellen. Jetzt ist es soweit. Die Spitzenleute der beiden Parteiflügel treten seine Nachfolge an. Jetzt müssen Wagenknecht und Bartsch entscheiden, ob sich die Linkspartei als kompromissfähiger Regierungspartner anbietet oder sich bei den Systemgegnern als vernichtende Fundamentalopposition anbiedert, kommentiert Wolfgang Molitor.

Stuttgart - Eine Doppelspitze ist kein Zeichen von Geschlossenheit. Sie ist – vor allen in Parteien und Fraktionen – der personelle Ausfluss einer ganzen Schar von Meinungsunterschieden. Sie verkörpert mehr das Trennende als das Gemeinsame. Das ist bei der neuen Fraktionsspitze der Linken nicht anders.

Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch wird es deshalb nicht leichtfallen, die auseinanderdriftende Bundestagsfraktion schlagkräftig zu halten. Schon Gregor Gysi, den sie fast demütigend aus dem Amt gedrängt hatten, bevor sie ihm jetzt rote Tränen hinterherweinen, schon diesem blendenden Oppositionsführer ist es immer schwerer gefallen, den Laden zusammenzuhalten.

Jetzt also haben Ultralinke wie Reformer ihre eigenen Anführer, Wagenknecht als politische Rampensau (wie man in Theaterkreisen sagen würde), Bartsch eher als Stimme aus dem Souffleurkasten. Es wird der Tonfall sein, der zwischen den beiden darüber entscheiden dürfte, welches Lager in den nächsten Monaten die Oberhand gewinnt. Ob sich die Linkspartei Grünen und SPD als kompromissfähiger Regierungspartner anbietet oder sich bei den Systemgegnern als vernichtende Fundamentalopposition anbiedert, dürfte deshalb eher von Wagenknechts Wucht abhängen als von Bartschs strategischem Kurs.