Bei dem Angeklagten fand die Polizei Kokain, Bargeld, Pfefferspray, einen Schlagdorn – und ein Messer Foto: dpa

Die Staatsanwaltschaft liefert Beweismaterial zu spät - die Verteidigung nutzt diesen Umstand sofort. Der mutmaßliche Kokain-Händler schweigt zum Prozessauftakt.

Die Staatsanwaltschaft liefert Beweismaterial zu spät - die Verteidigung nutzt diesen Umstand sofort. Der mutmaßliche Kokain-Händler schweigt zum Prozessauftakt.

Stuttgart - Die Verteidiger des Angeklagten wollten nicht riskieren, der Staatsanwaltschaft ins offene Messer zu laufen. Darum haben sie die Richterin am Donnerstag in der 5. Großen Strafkammer davon überzeugt, dass es nicht sinnvoll ist, weitere Zeugen zu hören, solange nicht der Verbleib eines Messers geklärt ist, von dem die Rechtsanwälte keine 24 Stunden zuvor in Kenntnis gesetzt wurde. Bis das aufgeklärt sei, so die Verteidiger, werde der Angeklagte sich vor Gericht nicht äußern.

Ihm wird zur Last gelegt, im März, Juni und Oktober 2013 sowie im Januar 2014 mit insgesamt 1,8 Kilogramm Kokain gehandelt zu haben. Bei der letzten der vier Lieferungen, die der Angeklagte zum Weiterverkauf erworben haben soll, hat die Polizei ihn verhaftet. Neben einigen Tausend Euro Bargeld, die der Angeklagte mit sich führte, fand sie über 400 Gramm Kokain in einem Tresor bei einem mutmaßlichen Unterhändler des Angeklagten. Und bei seiner Verhaftung ein Pfefferspray, einen Schlagdorn und eben jenes Messer, dessen Herkunft die Verteidiger geklärt wissen wollen.

Erstmal mag es verwundern, weshalb das Mitführen eines Messers mit einer angeblich acht Zentimeter langen Klinge für den Tatvorwurf, dass der 36-jährige mit Kokain gehandelt haben soll, eine tragende Rolle für die Verteidiger spielt. Grund ist eine juristische Spitzfindigkeit, die auch die Richterin nicht wirklich nachvollziehen kann. „Welcher Logik der Gesetzgeber folgen will, bei unerlaubtem Handel von Drogen ein Mindeststrafmaß von drei Monaten und bei bewaffnetem Drogenhandel ein Mindeststrafmaß von fünf Jahren anzusetzen, will sich mir nicht erschließen“, sagt sie.

Genau deswegen fürchten die Verteidiger, dass ihr Mandant hier Opfer einer scheinbar umstrittenen Rechtsprechung werden könnte. Obwohl die Richterin durchblicken lässt, dass es sich in ihren Augen um einen minderschweren Fall des bewaffneten Drogenhandels handle, da der Angeklagte die Waffe ja nicht benutzt habe, bleibt die Verteidigung hart. Ein Polizist hat am Nachmittag eingestanden, dass es ein Versäumnis der Polizei war, das Messer nicht früher schriftlich erwähnt zu haben. Am Mittwoch wird die Verhandlung fortgesetzt. Dann müssen sich die Verteidiger eine neue Strategie überlegen.