Der Angeklagte bestreitet, ein Mörder zu sein Foto: dpa

Im Prozess um den sogenannten Koffermord berichtet ein Kommissar über die akribischen Ermittlungen der Polizei.

Stuttgart - „Erst war er einer unter vielen. Dann wurde er vom Zeugen zum Beschuldigten“, sagt der Kriminalhauptkommissar im Zeugenstand über den Mann, der im Kofferleichen-Fall des Doppelmordes angeklagt ist. Der Staatsanwalt wirft Günter H. vor, Ende Juni 2014 eine 47-jährige Frau und einen 50-jährigen Mann in seiner Wohnung im Stuttgarter Osten ermordet zu haben. Anschließend habe der 48 Jahre alte Angeklagte die Opfer in zwei Koffer verpackt und im Unteren Schlossgarten abgestellt. Günter H. bestreitet, Sylvie C. und Peter G. getötet zu haben.

Die Ermittlungen der Sonderkommission Damm waren so richtig auf Touren gekommen, nachdem man die Opfer identifiziert hatte. „Wir haben das Umfeld des Ostendplatzes abgeklopft“, so der Kripobeamte vor der 1. Strafkammer des Landgerichts. In der dortigen Obdachlosenszene hatten sich Sylvie und Peter regelmäßig aufgehalten – ebenso wie der Angeklagte. Am 5., am 9. und am 10. Juni – die zwei Koffer waren am 1. Juni 2014 entdeckt worden – suchte die Polizei die Wohnung des Günter H. an der Aspergstraße auf. Man traf den Mann nicht an. Noch war er nur ein möglicher Zeuge.

Doch die Schlinge zog sich zu. Denn am 12. Juni spuckte der Computer Interessantes aus. Die DNA-Spur, die an einem der Leichenkoffer sichergestellt worden war, stimmte mit einer Spur aus dem Jahr 2011 überein. Die 2011-Spur stammte von einer Sachbeschädigung in einem Lokal. Das Problem: Dem Täter hatte man damals nicht habhaft werden können. Allerdings hatte der Gastwirt eine präzise Personenbeschreibung abgegeben. Und die passte genau auf Günter H. Also öffnete das Mobile Einsatzkommando am 13. Juni die Wohnung des 48-Jährigen. Günter H. war vom Zeugen zum Verdächtigen geworden. „Die Wohnung war ungewöhnlich sauber“, so der Kommissar.

Günter H. blieb verschwunden. Inzwischen hatte man die Aussage einer Frau, die ihn mit Sylvie C. vor einem Lokal gesehen haben will. Der Wirt und die Bedienung bestätigten dies. Am Abend des 29. Mai seien Günter H. und die Frau gegen 22 Uhr da gewesen. Sie hätten gegessen und getrunken. Die Stimmung sei ausgelassen gewesen, beide hätten Zärtlichkeiten ausgetauscht. Derweil lag Peter G. bereits tot in seinem Blut.

Am 16. Juni nahm die Polizei Günter H. schließlich in der Wohnung eines Kumpels fest. „Ich habe nichts mit den Morden zu tun“, habe Günter H. sofort gesagt, berichtet der Kommissar. Er habe nur die Leichen weggeschafft, sagte der 48-Jährige in seiner ersten Vernehmung.

Günter H. sagte noch viel mehr. Peter G. und Sylvie C. hätten in seiner Wohnung gestritten, die Frau habe den Mann getötet und sogar versucht, ihm das Geschlechtsteil sowie den Kopf abzuschneiden. Nachdem er und Sylvie dann beim Essen gewesen seien, habe sich die Frau selbst getötet. Die Leichen seien nachträglich manipuliert worden, um ihm den Doppelmord anhängen zu können, so der Angeklagte. Das habe die Kripo in einem „Geheimgespräch“ nach seiner Vernehmung beschlossen. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.