Die Kliniken hängen am Tropf. Viel Geld muss der Landkreis Böblingen als Träger in die Gesundheitsversorgung investieren Foto: factum/Weise

Der Kreis Böblingen und der Klinikverbund Südwest haben neue Gutachten in Auftrag gegeben. Danach verteuern sich der Neubau des Krankenhauses auf dem Flugfeld sowie die Sanierung der Häuser in Herrenberg und Leonberg erheblich.

Böblingen - Weit teurer als gedacht werden die Klinikneubauten und -sanierungen für den Landkreis Böblingen. Mit insgesamt 537 Millionen Euro rechnen die Verantwortlichen. Das sind 140 Millionen Euro mehr als noch in der ersten Machbarkeitsstudie vor drei Jahren veranschlagt. Die neuen Zahlen lieferte ein Gutachten der Unternehmensberatung Drees & Sommer. Mit dem Geld soll auf dem Flugfeld eine zentrale Klinik für die Region Sindelfingen/Böblingen gebaut und die beiden Krankenhäuser Leonberg und Herrenberg saniert werden.

Trotz der hohen Kosten halte man weiter an dem vom Kreistag beschlossenen Medizinkonzept fest, betonte der Landrat Roland Bernhard, als er am Mittwoch gemeinsam mit der Geschäftsführerin des Klinikverbunds, Elke Frank, die neuen Zahlen präsentierte. „Es bleibt dabei: Die Zusammenlegung der Krankenhäuser in Böblingen und Sindelfingen auf dem Flugfeld ist die wirtschaftlichste Lösung für die Zukunft der Krankenhausversorgung in der Region“, betonte Bernhard. Dieser Neubau ist der Kern des Medizinkonzepts. Dass er die wirtschaftlichste Lösung ist gegenüber den Alternativen alles zu belassen oder eines der bestehenden Häuser auszubauen, auch dies hatte sich der Klinikverbund noch einmal durch ein neues Gutachten bestätigen lassen, das vom Büro Baker Tilly Roelfs erstellt wurde. Nach dessen Analyse wird der Klinikverbund mit der Umsetzung des Medizinkonzept statt Defizite künftig eine schwarze Null erwirtschaften.

Was konkret wird teurer? Zum einen der Neubau der Flugfeldklinik, und zwar um knapp 100 Millionen Euro auf 437,5 Millionen Euro. Mit 70 Prozent Mehrkosten rechnet man bei der Sanierung des Leonberger Krankenhaus. Bisher waren dafür 40 Millionen Euro veranschlagt, jetzt rechnet man mit 69 Millionen oder in einer eventuellen abgespeckten Variante mit 61 Millionen.

„Wir wollen keinen weiteren Berliner Flughafen“, betonte der Landrat. Ganz bewusst habe man sich deshalb dafür entschieden, gleich in der ersten Projektphase Kostenanalyse zu machen. „Bei der Machbarkeitsstudie ging es um die reinen Baukosten. Nun haben wir bei der Flugfeldklinik auch Zusatzkosten wie das Parkhaus und den Schallschutz miteinbezogen.“ Außerdem kalkulierten die Gutachter einen Risikoaufschlag von fünf Prozent für Unvorhergesehenes ein. Bei der Leonberger Klinik schlage vor allem die notwendige energetische Sanierung zu Buche. „Im Moment haben wir doppelt so hohe Energiekosten wie andere vergleichbare Häuser“, sagte Bernhard. Zudem müssten auch andere Strukturen geschaffen werden. „So wäre es beispielsweise sinnvoll, die Ambulanz ins Erdgeschoss zu legen“, sagte die Geschäftsführerin Frank.

Bei der ersten Vorstellung der Zahlen nahmen die Kreisräte die Steigerungen gefasst auf. „Von freudiger Überraschung kann keine Rede sein“, sagte Wilfried Dölker, der Fraktionschef der Freien Wähler. „Man muss natürlich den einen oder anderen Posten noch diskutieren. Aber im Grundsatz stehe man zum Medizinkonzept. Helmut Noe, Fraktionschef der CDU, lobte „den offenen und transparenten Weg“ der Kreisverwaltung und Klinikgeschäftsführung, „auch mögliche Risiken zu benennen.“ Mit Kostensteigerungen sei bei einem solchen Projekt zu rechnen, meinte Tobias Brenner, Sprecher der SPD. „Ich habe die Zahlen des ersten Gutachtens angezweifelt. Diese nun scheinen mir realistisch“, sagte Heiderose Berroth (FDP).