Die Klausur der Grünen-Bundestagsfraktion ist auch eine Zwischenbilanz. Foto: Kilian Genius/dpa/Kilian Genius

Die Bundestagsfraktion der Grünen trifft sich zur Klausur in Leipzig. Die Partei gibt sich geschlossen. Und doch ist es ein Treffen in schwierigen Zeiten.

In dieser Woche kommt die Grünen-Bundestagsfraktion zu ihrer Klausur in Leipzig zusammen. Dienstag und Mittwoch wollen die Abgeordneten über Demokratie, Zusammenhalt und Transformation diskutieren. Als Gäste sind unter anderem der Soziologe Steffen Mau und die IG Metall-Vorsitzende Christiane Benner eingeladen. Weil es in den vergangenen Wochen immer wieder Blockaden gegen Grünen-Vertreter gab, dürften die Sicherheitsvorkehrungen hoch sein. Für die Fraktion ist die Klausur auch eine Zwischenbilanz. Wo steht sie zur Halbzeit der Legislaturperiode – und nur wenige Monate vor mehreren Wahlen? Im Juni wird über das Europaparlament abgestimmt, im Herbst über die Landtage in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Drei Bundesländer, in denen die Grünen mit wenig Zustimmung und Anfeindungen rechnen müssen.

Mindestlohn soll über 14 Euro steigen

Die Abgeordneten planen auch Beschlüsse. Einem „Spiegel“-Bericht zufolge ist ein Antrag vorgesehen, mit dem die Fraktion eine Reform der Schuldenbremse anstoßen will. Sie will demnach einen „Deutschland-Investitionsfonds für Bund, Länder und Kommunen“ fordern, um die Wirtschaft zu modernisieren und klimafreundlich umzugestalten.

Außerdem will die Fraktion wohl ein Papier beschließen, das weitreichende sozialpolitische Forderungen enthält, wie das Nachrichtenportal „T-online“ berichtet. Demzufolge wollen die Abgeordneten den Mindestlohn auf mehr als 14 Euro erhöhen. Sie fordern wohl auch, das Klimageld endlich einzuführen, das Tariftreuegesetz umzusetzen, den Preis von 49 Euro für das Deutschlandticket dauerhaft zu garantieren und die Mietpreisbremse zu verlängern.

Mehr Sozialpolitik

Man kann die Forderungen als Reaktion auf die Debatte verstehen, die vor einem Jahr begann, als ein Vorentwurf für das umstrittene Heizungsgesetz an die Presse durchgestochen wurde. Dass der zunächst keine soziale Abfederung der Pläne enthielt, brachte den Grünen den Vorwurf ein, Klimapolitik auf Kosten derjenigen zu machen, die ohnehin schon wenig haben. Inzwischen versuchen die Grünen, den Fokus auf ihre sozialpolitischen Vorhaben zu legen. Das Klimageld gilt in der Partei als Paradebeispiel, wie sozial gerechte Klimapolitik aussehen kann. Aktuell werden sich die Grünen mit einem Projekt wie einem höheren Mindestlohn allerdings nicht in der Bundesregierung durchsetzen. Forderungen wie das Klimageld oder das Tariftreuegesetz stehen hingegen schon im Koalitionsvertrag. Umgesetzt sind sie nicht.

Parteilinke müssen Frust wegstecken

Dass solche Vorhaben sich oft verzögerten, hat einige in der Fraktion frustriert. Mit 118 Mandaten haben die Grünen so viele Sitze im Bundestag wie nie. Trotzdem konnten sie sich oft nicht durchsetzen. Gerade die Parteilinken mussten viel Frust wegstecken. Kürzlich stimmte die Fraktion einem Rückführungsgesetz zu, das für manchen Abgeordneten gegen die Überzeugungen ging. Die Bürgergeld-Reform fiel kleiner aus als von manchen erhofft, Projekte wie die Kindergrundsicherung, das Demokratiefördergesetz und das Klimageld verzögern sich.

Überschattet wird das Treffen zudem von den Blockaden und Bedrohungen, die es immer wieder gegen Grünen-Vertreter gibt. Am Wochenende setzten Demonstranten die Parteichefin Ricarda Lang in Magdeburg fest. Beim Politischen Aschermittwoch in Biberach waren die Proteste so gewaltsam, dass die Grünen ihre Veranstaltung absagen mussten. Das lässt ahnen, wie schwer der Wahlkampf in Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden könnte.

Zu laut wollen die Grünen ihre Sorge nicht aussprechen. Sie wollen der Gewalt nicht nachgeben. Die Parteispitze betont immer wieder, dass die Übergriffe gegen sie weitaus weniger besorgniserregend seien als die gegen Kommunalpolitiker – weil die in der Regel keinen eigenen Personenschutz haben. Und in diesem Jahr sind eben nicht nur Europa- und Landtagswahlen. In der Hälfte der Bundesländer finden auch Kommunalwahlen statt.