Erzieherinnen füttern die Kinder in einer Tageseinrichtung Foto: dpa

Neben der Stadt engagieren sich Kirchen, Eltern und Betriebe für den Ausbau der Tagesbetreuung in der Stadt. Doch der Personalmangel fordert bei der Qualität seinen Tribut und verhindert, dass vorhandene Plätze tatsächlich auch vergeben werden.

Stuttgart - Fast 600 Kindertagesstätten, Horte und einige wenige Schülerhäuser gibt es in der Landeshauptstadt – und damit rund 30 000 Plätze für Kinder zwischen einem und 14 Jahren. Sobald die von der Stadt geplanten Fertigbauten bezugsfertig sind, kommen 520 weitere Betreuungsplätze hinzu.

Doch obwohl die Zahl der Plätze wächst, können nicht alle vergeben werden. Denn den Anbietern fehlen Erzieher. Längst ist ein harter Konkurrenzkampf um die Besetzung offener Stellen entbrannt. Wie viele es sind, lässt sich kaum sagen. Die Stadt hält sich bedeckt. In den vergangenen Jahren sollen es etwa 100 offene Stellen gewesen sein, heißt es – für neu eröffnete Gruppen, frei geworden durch Mutterschutz oder Fluktuation.

Im Evangelischen Kirchenkreis sind es laut Jörg Schulze-Gronemeyer circa 40 Stellen, die zurzeit nicht besetzt sind. „Die Bewerbungsgespräche laufen“, sagt er, „allerdings ist die Situation deutlich angespannter als vor ein paar Jahren.“ Hätte man früher zwei bis drei Bewerberinnen auf eine Stelle gehabt, müsse man heute froh sein, wenn die einzige Bewerberin auch die passende ist.

Trotzdem achte der Evangelische Kirchenkreis darauf, das Personal laufend zu schulen für das Qualitätsprogramm mit dem Namen Bildungs- und Lerngeschichten. Dabei geht es um die Beobachtung und Dokumentation von Lernschritten der 5500 Kinder, für die der Kirchenkreis verantwortlich ist. „Da machen wir keine Abstriche“, sagt Schulze-Gronemeyer.

Die städtische Verwaltung setzt auf das Programm Einstein in der Kita. Es soll unter anderem das Sprachvermögen und den Forschergeist der Kinder unterstützen. Das setzt Hinwendung und viel Zeit voraus, die bei unbesetzten Stellen knapp ist. Im Jahr 2012 waren nicht mehr Kitas als im Vorjahr dabei, Einstein in ihr System aufzunehmen, hieß es im Jahresbericht 2012 des Jugendamts. „Dafür sind vorrangig mehrfach und lange nicht besetzte Stellen im Team wie auch auf der Leitungsebene verantwortlich“, lautet die Begründung im Jahresbericht. „Um zumindest die Aufsichtspflicht sicherzustellen“, müssten verstärkt befristete Aushilfskräfte eingesetzt werden.

„Inzwischen sind alle 146 Kitas mit Kindern unter sechs Jahren auf Einstein vorbereitet“, sagt Jugendamtschef Bruno Pfeifle. Engpässe gebe es gelegentlich, wenn wegen Fluktuation oder neu eingerichteter Gruppen einzelne Stellen nicht besetzt seien. „Dann findet vielleicht statt zwei oder drei Entwicklungsgesprächen nur eines statt“, sagt Pfeifle, „einzelne Bausteine des Konzepts können dann halt nicht in ihrer idealen Form gewährleistet werden.“

Der Jugendamtschef hält die Personalausstattung momentan für „befriedigend“. Trotzdem können nicht alle freien Betreuungsplätze vergeben werden, weil Aufsichts- und Betreuungspersonal fehlt. Auch dies wird die Warteliste, insbesondere für Kleinkinder, nicht kürzer machen. Bei der Platzvergabe in diesem Frühjahr haben nach Angabe des Gesamtelternbeirats der städtischen Kitas die Eltern von 6000 Kindern unter drei Jahren eine Absage bekommen.

Eine neue Broschüre ist nun aufgelegt worden, in der alle Einrichtungen mit Adresse, Telefonnummer, Öffnungszeiten und mit ihrem Profil verzeichnet sind. Sie ist bei der Stadt erhältlich und zeigt, dass das Angebot in den vergangenen drei Jahren um rund 5000 Plätze gesteigert wurde. Daran haben auch die freien Träger und Betriebskitas ihren Anteil. Sie stellen rund 60 Prozent der Betreuungsplätze.

Wo Eltern Ziel und Inhalt der pädagogischen Arbeit mitgestalten wollen, greifen sie zu den Angeboten der Eltern-Kind-Gruppen in Stuttgart. Diese werden auf Initiative von Eltern gegründet und von ihnen verwaltet. Das hat den Vorteil, dass Mütter und Väter auch bei den Öffnungszeiten das letzte Wort haben. Für etliche Paare ist eine elterngeführte Kita allerdings der letzte Strohhalm, wenn die städtische Kita in Wohnortnähe keine Plätze mehr frei hat. Mehr als 1000 Plätze wurden so im Lauf der Jahre geschaffen.

Zur Wahl stehen außerdem Einrichtungen der Waldorf- und Montessori-Vereine, Kitas der Studentenwerke, neuerdings der Jugendhausgesellschaft, private und gewerblich-kommerzielle Angebote sowie rund 30 Betriebskindertagesstätten.

Die beiden großen Amtskirchen tragen den Löwenanteil der Plätze, rund 40 Prozent haben konfessionelle Träger, verteilt übers gesamte Stadtgebiet. Sie sind der ganzheitlichen religiösen Erziehung verpflichtet, was kirchennahen Eltern wichtig ist. Andererseits finden sich dort oft auch Kinder aus Familien, die nicht Angehörige der Kirchen oder anderen Glaubens sind.

So viel kostet ein Betreuungsplatz

In städtischen Kindertagesstätten kostet der Platz für ein Kind unter drei Jahren 167 Euro im Monat, für ein Kind über drei Jahren 59 Euro. Je nach Familieneinkommen gibt es Ermäßigungen über die Familiencard und wenn gleichzeitig zwei oder mehr Kinder einer Familie die Kita besuchen. Die Verpflegung kostet pauschal 65 Euro im Monat, mit einer Bonuscard 20 Euro.

Kirchliche Kitas haben ihren Elternbeitrag analog zu dem städtischer Einrichtungen gestaltet.

Eltern-Kind-Gruppen verlangen mindestens den Beitrag, der auch bei der Stadt fällig wird; zumeist liegt er jedoch über diesem Betrag. Er ist auch abhängig davon, wer kocht (Koch, Caterer, Eltern) und was (Bio) gekocht wird, sowie von der Betreuungszeit.

Gewerbliche Anbieter punkten meistens mit reservierten Plätzen für Betriebsangehörige, besonderen Öffnungszeiten oder speziellen Bildungsangeboten. Der Preis für einen Kleinkinderplatz kann von 350 Euro bis über 1000 Euro monatlich (ohne Verpflegung) reichen. (czi)