Die Proteste in Italien gegen Silvio Berlusconi. Foto: dpa

Luigi Pantisano organisiert über Facebook den "Kein Stuttgart 21 Tag". Demo im März 2011.

Stuttgart - Die Vorreiter der neuesten Stuttgarter Protestbewegung kommen aus Italien. Dort ist das Feindbild, gegen das bunt und laut auf der Straße demonstriert wurde, ein 74 Jahre alter Politiker. Einer der reichsten Männer des Landes, der einige Schönheitsoperationen wie Frauengeschichten hinter sich hat und manchmal auf doch sehr merkwürdige Ideen kommt – allein wegen des dubiosen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sind viele Italiener auf die Straße gegangen.

In Violett gekleidet

Der Ärger unter den Bürgern über den mächtigen Politiker, der ihrer Meinung nach kein Demokrat sei, war derart groß, dass im Herbst des vergangenen Jahres eine Gruppe über Facebook zum "No Berlusconi Day" aufrief. Und zu dem kamen dann im Dezember 2009 etliche in Violett – da diese Farbe in Italien bis dato politisch unbesetzt war - gekleidete Menschen. Die Teilnehmeranzahl allerdings blieb unklar: Während die Veranstalter damals von bis zu 1,5 Millionen Menschen sprachen, hatte die Polizei lediglich 90.000 gezählt. Für großes Aufsehen hatte die erste in Italien im Netz organisierte Großveranstaltung jedenfalls gesorgt – und Stuttgart will nun mit dem "Kein Stuttgart 21 Tag" nachziehen.

"Diese Idee will ich nun gegen S21 anwenden"

„Die Idee zu diesem Tag stammt von mir. Mich hat der 'No Berlusconi Day' in Italien fasziniert“, sagt Luigi Pantisano, 31, Diplom-Ingenieur aus Konstanz, der derzeit ebenfalls über das bekannteste Soziale Netzwerk versucht, die Menschen gegen das Bahn-Großprojekt Stuttgart 21 auf die Straße zu holen. „Beim 'No Berlusconi Day' haben sich über Facebook viele Menschen gefunden und eine Demonstration in vielen Städten auf die Beine gestellt - zunächst nur aus dem Internet heraus“, so Pantisano. „Und aus dieser Internet-Idee ist heute in Italien eine Bürgerbewegung entstanden. Diese Idee will ich nun gegen S21 anwenden.“

Auch in Frankreich hatte die Idee - allerdings in deutlich kleineren Ausmaßen - funktioniert: Zum "No Sarkozy Day", zu dem 55 Blogger aufgerufen hatten, waren Ende März dieses Jahres über 1000 Menschen auf die Straßen in Paris und unter anderem auch Marseille, Nantes, Grenoble gekommen, um gegen Präsident Nicolas Sarkozy zu protestieren.

Demonstranten aus allen 70 Wahlkreisen

Über die Facebook-Gruppe "Kein Stuttgart 21", die inzwischen mehr als 80.000 Mitglieder hat, gelangt man auf die Unterseite der hiesigen Veranstaltung: Die Großdemo soll am 6. März 2011 – exakt drei Wochen vor der baden-württembergischen Landtagswahl – stattfinden. „Bis zu dem Termin werden sicher weit über 100.000 Menschen auf unserer Seite angemeldet sein“, sagt Pantisano, der einer der fünf Gruppen-Administratoren ist, sich seit den Anfängen bei den Parkschützern engagiert und einst in Stuttgart gemeinsam mit Stadtrat Hannes Rockenbauch (SöS) studiert hat.

"Abstimmung mit Aktionsbündnis gegen S21 ist im Aufbau"

„Wenn man dann noch bedenkt, dass alleine in Stuttgart bei den letzten Demonstrationen weit über 100.000 Menschen teilgenommen haben, müssen wir uns ein noch höheres Ziel setzen. Wir werden den 'Kein Stuttgart 21 Tag' auf jeden Fall organisieren“, so Pantisano. Und das heißt: Nicht wie bisher nur in Stuttgart sollen dann in allen 70 Wahlkreisen Baden-Württembergs so viele Menschen wie möglich auf die Straße gehen und ihre Stimme und ihr Plakat gegen das umstrittene Projekt S21 erheben. Luigi Pantisano: "Ein Erfolg wäre die Aktion, wenn flächendeckend in allen Wahlkreisen Menschen auf die Straße gehen und die Aktion hinaus ins Land tragen würden. Die Teilnehmerzahl ist dann gar nicht mehr so entscheidend."

"Auch Menschen aus NRW und Berlin haben sich gemeldet"

„Mit dem 6. März 2011 sollen alle die Möglichkeit dazu bekommen. Schließlich hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Landtagswahl zum 'Volksentscheid' über Stuttgart 21 erklärt“, sagt Organisator Pantisano. Was dann genau passieren wird in Stuttgart und möglichst überall im Bundesland, „muss noch geklärt werden. Eine Abstimmung mit dem Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 ist aber im Aufbau“, so Pantisano, der weiter "vor allem Menschen aus den ländlichen Regionen“ für den Tag der geplanten Großdemo sucht. Und auch Menschen aus Nordrhein-Westfalen und Berlin haben sich bei uns gemeldet, die ebenfalls gerne eine Demo an dem Tag organisieren möchten", so Pantisano.