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Katharina Thalbach ist an diesem Mittwoch um 22 Uhr im Wilhelma Theater mit einer Lesung von Theodor Storms „Bulemanns Haus“ zu erleben. Ein Gespräch über Show in der Kirche und zu lange Theaterabende.

Katharina Thalbach (58) ist an diesem Mittwoch um 22 Uhr im Wilhelma Theater mit einer Lesung von Theodor Storms „Bulemanns Haus“ zu erleben. Ein Gespräch über Show in der Kirche und zu lange Theaterabende.


Frau Thalbach, wie kamen Sie auf „Bulemanns Haus“ von Theodor Storm?
Gar nicht. Es war ein Vorschlag der Bachakademie. Mir gefällt die Kombination aus Musik und guten Texten. „Bulemanns Haus“ ist ziemlich düster, wie es bei Storm ja immer ist. Aber das liebe ich bei den Romantikern.

Glaube und die Zehn Gebote sind Thema des Musikfestes. Wie halten Sie es damit?
Ich habe schon immer versucht, mich daran zu halten, ich war auch im Konfirmandenunterricht. Ich muss aber gestehen, dass ich irgendwann aus der Kirche ausgetreten bin.

Sind Sie vom Glauben abgefallen?
Das hat nichts mit dem Glauben zu tun. Es ist wie in den Schulen, bei der Kirche unterschätzen sie die eigenen Leute und die Rolle, die Personen spielen. Ein guter Lehrer oder ein guter Pfarrer, das ist das A und O. Ein guter Pfarrer nimmt einen mit in den Glauben.

Wird zu schlecht vermittelt, sollten Pfarrer und Lehrer Schauspielunterricht nehmen?
Lehrer und Pfarrer sollten wirklich eine sehr gute Sprech- und Stimmbildung haben, um ihre Stimme zu erheben und nicht nur um Leute zu warnen oder zu schelten, sondern auch um Wichtigkeiten zu unterstreichen.

Im 19. Jahrhundert gab es Pfarrer, die rhetorisch geschult und ziemlich berühmt waren.
Und das ist vielen nicht mehr bewusst. Sie haben ihre Mikrofone, obwohl es die Kanzel gibt. Auch aus akustischen Gründen fände ich das herrlich, wenn sie wieder mehr benützt würde.

Der Ästhet Oscar Wilde lobte ja Sinnlichkeit und Inszenierungslust des Katholizismus.
Ach, die Evangelischen können das auch. Ich hatte als Kind einen tollen Pfarrer, der konnte herrlich predigen, ich habe mich auf jeden Sonntag gefreut.

Heute muss selbst im Theater alles authentisch wirken. Vielleicht haben die Kirchen zu Recht Scheu vor zu viel professioneller Show?
Was für ein Quatsch! Auch das Echte muss man im Theater herstellen, und ich weiß auch überhaupt nicht, was authentisch sein soll und welches Gericht darüber entscheidet. Man unterschätzt damit ein Publikum, und man unterschätzt die Macht des Wortes. Der kann man mit der angeblichen Authentizität ohnehin nicht beikommen.

Wie gehen Sie mit dem Wort um?
Jede Arbeit ist eine Reise. Und Reisen ist schön und bildet. Ich nutze also die Gelegenheit, mich noch einmal mit dem Leben des Dichters und der Zeit zu beschäftigen. Das ist einfach Spaß und Freude, jetzt zum Beispiel Storm wieder zu entdecken. Ich bereite mich mit sehr viel leisem Lesen vor. Bei komplizierten Satzstellungen mache ich mir gewisse Zeichen. Und dann kommt der schöne Punkt, wenn das Publikum da ist und ich meine Stimme erheben kann.