Im beruflichen Dauerstress? Ein Sabbat-Jahr hilft möglicherweise Foto: dpa

Medizinern zufolge sind mehrmonatige Arbeitspausen ein Weg, um die Zahl der Burnout-Fälle zu reduzieren. „Die freie Zeit muss aber gut geplant werden, sonst fällt man in ein Loch“, sagt der Psychotherapeut Falk Leichsenring. Der CDU-Sozialexperte Peter Weiß sieht es ähnlich.

Lebensarbeitszeitkonten setzen Arbeitnehmer bisher vor allem ein, damit sie vorzeitig in Rente gehen können. „Angesparte Berufsjahre sollten aber auch genutzt werden, um mitten im Erwerbsleben eine Auszeit einzuschieben“, sagte Peter Weiß, Chef der Arbeitnehmergruppe in der Unions-Bundestagsfraktion, den Stuttgarter Nachrichten. Einer Umfrage des Bildungsministeriums zufolge wünschen sich 57 Prozent der Deutschen eine längere Auszeit, um sich fortzubilden, zu reisen oder sich zu erholen.

Berlin - Eine Weltreise machen, ein Buch schreiben oder das Kind intensiv beim Schulstart begleiten: Für eine befristete berufliche Pause, auch Sabbatical genannt, kann es viele Gründe geben. In der modernen Arbeitswelt spielt das Thema eine zunehmende Rolle, denn Unternehmen müssen sich anstrengen, um ihre Leistungsträger zu halten.

Die begehrten Fachkräfte haben zwei Möglichkeiten, die Situation für sich zu nutzen: Sie können ein besseres Gehalt aushandeln und ihre Karriere maximieren – oder sie schalten ein paar Gänge zurück, handeln ein Sabbatical aus und nehmen sich Zeit für das, was sie schon immer machen wollten.

Einer Umfrage im Auftrag des Bildungsministeriums aus dem Jahr 2013 zufolge sehnen sich 57 Prozent aller Arbeitnehmer nach einer solchen Auszeit. Zwei Drittel von ihnen möchten die Pause nutzen, um mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Auch unter Führungskräften ist der Wunsch nach einer Auszeit weit verbreitet: Zwei Drittel der Manager träumen laut einer Studie der Personalberatung Heidrick & Struggles davon, für ein paar Monate die Seele baumeln zu lassen.

Damit die Berufspause Realität werden kann, ist eine umfassende Vorbereitung notwendig. „Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich kein Recht auf ein Sabbatical“, sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin. Erzwingen lässt sich eine Auszeit höchstens durch eine Kündigung – ein radikaler Schritt. Ansonsten hilft nur, das Gespräch mit dem Chef zu suchen, denn der muss einer solchen unbezahlten Auszeit zustimmen. „Arbeitnehmer und Arbeitgeber können auch eine entsprechende Regelung in den Arbeitsvertrag aufnehmen oder eine gesonderte Vereinbarung abschließen“, so Bredereck.

Die Arbeitgeber haben aber durchaus auch Eigeninteressen, ihren Mitarbeitern eine Auszeit zu ermöglichen – nicht nur, um im Kampf um Fachkräfte zu punkten. „Der Arbeitnehmer finanziert sich nicht nur seine Auszeit selbst, er schenkt dem Arbeitgeber dadurch auch einen Mitarbeiter, der seine Reserven wieder aufgetankt hat und mit neuer Energie und Schaffenskraft an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt“, sagt Sabbatical-Coach Andrea Oder. „Viele Menschen nutzen eine Auszeit, um sich beruflich fortzubilden, eine Sprache zu lernen, und schenken ihrem Unternehmen somit im Gegenzug Kompetenzgewinn.“

Außerdem könne ein Sabbatical dazu beitragen, das Unternehmen in auftragsschwachen Zeiten zu entlasten. So stehen Mitarbeiter dann zur Verfügung, wenn sie personell benötigt werden. Kurzarbeit oder Entlassungen lassen sich unter Umständen vermeiden.

Es gibt verschiedene Arbeitszeit- und Lohnmodelle, die die Gestaltung eines Sabbaticals ermöglichen. „Der Klassiker ist die Teilzeitvariante“, sagt Sabbatical-Expertin Oder. Dabei wird beispielsweise für drei Jahre eine Teilzeit vereinbart, der Mitarbeiter arbeitet jedoch Vollzeit weiter und erwirtschaftet sich so Monat für Monat ein Zeitguthaben. Dieses Zeitguthaben nutzt er am Ende der Teilzeit für sein Sabbatical, während gleichzeitig das reduzierte Gehalt weiter läuft. Anschließend kehrt er auf seine Vollzeitstelle zurück.

Die gleiche Grundidee liegt einem befristeten Lohnverzicht zugrunde: Der Mitarbeiter arbeitet voll, bekommt aber nur einen Teil seines Gehalts ausgezahlt. Der Rest fließt auf ein Zeitwertkonto, auf dem sich dann mit der Zeit ein Guthaben ansammelt, das für die Gehaltsfortzahlung während des Sabbaticals genutzt wird. Auch Überstunden und nicht genutzte Urlaubstage können auf dem Zeitwertkonto angesammelt werden.

Eine interessante Variante für junge Eltern: Wer seinen Anspruch auf Elternzeit nicht voll ausschöpft, kann den Restanspruch für ein Sabbatical nutzen. Höchstens bis zum achten Geburtstag des Kindes kann auf diese Weise die Elternzeit auf einen späteren Zeitpunkt gelegt werden. Voraussetzung: der Arbeitgeber stimmt zu.

Vorteil dieser Modelle ist das trotz Berufspause stabile Einkommen. Zudem geht auch die soziale Absicherung nicht verloren: Die Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Pflege- und Krankenversicherung laufen weiter.

Ein Sabbatical lässt sich zwar auch mit unbezahltem Urlaub realisieren. In dem Fall sind Arbeitnehmer aber deutlich schlechter gestellt: Sie müssen das fehlende Gehalt durch ein Anzapfen ihrer Ersparnisse ausgleichen und Nachteile bei der Rentenversorgung in Kauf nehmen. Schließlich wirkt sich jeder Monat, in dem keine Beiträge eingezahlt werden, auf die Höhe der Altersrente aus.

Die Fortführung der Rentenversicherung auf freiwilliger Basis ist daher sinnvoll – laut der Deutschen Rentenversicherung ist dies mit einem Mindestbeitrag von derzeit 85,05 Euro im Monat möglich. Besonders wichtig ist das für den Fall einer späteren Erwerbsunfähigkeit: Damit dann der Anspruch auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente besteht, müssen in den fünf Jahren vor dem Unfall in mindestens drei Jahren die Mindestbeiträge eingezahlt worden sein. Auch die Krankenversicherung ist unverzichtbar – wer vorübergehend ohne Einkommen dasteht, sollte sich freiwillig versichern.