Im Gerichtssaal sitzen Rechtsanwälte auch hin und wieder selbst auf der Anklagebank Foto: dpa

Die Rechtsanwaltskammern im Land verzeichnen in jedem Jahr mehrere Hundert Beschwerden gegen Mitglieder. Aus manchen werden Fälle für die Ankläger von der Staatsanwaltschaft.

Stuttgart - Die Rechtsanwaltskammern in Stuttgart, Tübingen und Karlsruhe haben im vergangenen Jahr insgesamt 574 Beschwerdeverfahren gegen ihre gut 14 000 Mitglieder eingeleitet. Die Kammer in Freiburg wollte dazu keine Auskunft geben. Die Zahlen bewegen sich seit Jahren in ähnlicher Höhe.

„In etwa 80 Prozent der Fälle zeigt sich aber, dass kein Verstoß gegen die Berufspflicht vorliegt“, sagt Friedrich März, Geschäftsführer der Karlsruher Kammer. Der Widerruf von Zulassungen sei meist durch Ruhestand oder Berufswechsel begründet, sagt seine Stuttgarter Kollegin Heidi Milsch, nur in den wenigsten Fällen durch Verstöße. Dafür gebe es hohe Hürden.

Regelmäßig landen allerdings auch Rechtsanwälte auf der Anklagebank. „Das ist nicht unser täglich Brot“, sagt Claudia Krauth, Sprecherin der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, „es kommt aber immer wieder vor, dass sich ein Anwalt beispielsweise an Mandantengeldern vergreift.“ Konkrete Zahlen will sie nicht nennen, doch die Behörden sind regelmäßig mit solchen Vorfällen beschäftigt.

Derzeit laufen Ermittlungen gegen einen Anwalt aus dem Landkreis Esslingen. Ihm wird vorgeworfen, Mandantengelder über Jahre für sich behalten zu haben, um seine Schulden zu tilgen. Es soll um einen Betrag von über 200 000 Euro gehen. Der Rechtsanwalt soll dabei immer wieder Besuch vom Gerichtsvollzieher bekommen haben, zudem liefen zahlreiche Mahnverfahren.

Zu den zeitweiligen Gläubigern gehörten laut den Ermittlungen der Polizei auch das Versicherungswerk der Rechtsanwälte und die Rechtsanwaltskammer Stuttgart. An sie hatten sich auch die betroffenen Mandanten gewandt. Ob mit Konsequenzen, ist unklar – die Kammer will sich zum aktuellen Beschwerdeverfahren nicht äußern.