Südkoreas Trainer Taeyub Kim ist dankbar, dass sein Team im Sindelfinger Glaspalast mitmischen darf. Foto: Baumann

Das U-19-Nationalteam ist zum Lernen nach Sindelfingen gekommen. Schon der Hallenfußball mit Bande beim Juniorcup in Sindelfingen ist für die Fußballer aus Fernost eine neue Erfahrung.

Sindelfingen - Immer wieder knallen die Bälle gegen die Bande im Sindelfinger Glaspalast. Doch mit den Abprallern wissen die Spieler der U-19 Mannschaft aus Südkorea nicht wirklich etwas anzufangen. Mehrmals unterbricht Coach Taeyub Kim am Mittwochvormittag die erste Trainingseinheit, redet auf seine Jungs ein, deutet mit Gesten an, wie sie die Bande als Hilfsmittel für ihr Spiel nutzen können. „Es ist alles neu für sie, das Spiel sechs gegen sechs und eben auch die Bande“, erzählt Kim.

Der 44-Jährige versteht ein bisschen Deutsch, weil er hierzulande früher in der Oberliga gekickt und dann auch noch den B- und C-Trainerschein gemacht hat. „Deutschland war ein guter Platz, um als Trainer zu starten“, sagt Kim. Seit zwei Jahren arbeitet er für den koreanischen Fußballverband (KFA) und ist sehr dankbar, dass sein Ensemble beim Juniorcup (6./7. Januar) starten darf. „Wir wollen Erfahrung sammeln und sind gespannt, wie wir uns am Freitag präsentieren“, sagt der Coach.

An diesem Mittwoch stehen noch der Besuch des Mercedes-Benz-Museums sowie ein Abendessen in einem typisch schwäbischen Lokal an. „Sonderwünsche, was das Essen angeht, haben sie bislang nicht geäußert “, sagt Lisa Zimmermann, die die Mannschaft betreut.

Das ist gar nicht so einfach, weil die Junioren kein Englisch sprechen. Zur Unterstützung ist deshalb Koon Kyu Lee, der Teammanager der A-Nationalmannschaft in Sindelfingen mit dabei. Er steht im ständigen Austausch mit Nationaltrainier Uli Stielike. Der langjährige Nachwuchstrainer des DFB übernahm das Team im September 2014 nach dem peinlichen Vorrunden-Aus bei der WM in Brasilien.

Uli Stielike wird nach Platz zwei beim Asiencup bejubelt

Enttäuscht waren sie in Seoul damals, beleidigt sogar und bewarfen ihre Mannschaft nach der Ankunft am Flughafen mit Gegenständen. Acht Monate später hat sich das Bild komplett gewandelt. Die Formation wird nach dem zweiten Platz beim Asien Cup bejubelt. 27 Jahre lang war man nicht mehr im Finale gestanden. Deshalb war die Vizemeisterschaft nach der knappen Niederlage in der Nachspielzeit gegen Australien ein Erfolg und Uli Stielike plötzlich der Liebling einer ganzen Nation.

Der 60-Jährige gibt sich mit dem Erreichten aber längst nicht zufrieden. Wenn Lee über den Deutschen redet, dann klingt Bewunderung durch. „Er hat uns gesagt, die Spieler seien auf dem Platz zu brav“, sagt Lee. Die devote Haltung bei den Jugendspielern rühre daher, dass die Trainer oft sehr streng waren. „Da war viel Respekt, gar Angst da und das hemmt laut Stielike die Kreativität“, erzählt der Teammanager.

Die Asiaten sind auch auf dem Fußballplatz zurückhaltend

Es ist eine Mentalitätsfrage und braucht Zeit für Veränderung. Geduld benötigt der Verband auch bei der Strukturreform, die auf zehn Jahre angelegt ist. Es gibt zwar Jugendnationalteams von der U 15 bis zur U 21, aber die Vereinsstruktur ist bislang nicht ausgeprägt und der ersten und zweiten Liga fehlt der komplette Unterbau. „In Südkorea läuft die Talentförderung in den Schulen ab, vor allem in den High-Schools“, sagt Yoon Kyu Lee. Einige Erstligaclubs kooperieren bereits mit den Schulen.

Ein Ansporn für den Nachwuchs ist auch der Blick in die Bundesliga, in der momentan vier Profis aus Südkorea aktiv sind. „Natürlich träume die Jungen von Europa“, sagt Lee. Die Duelle gegen Deutschlands Nachwuchs an den beiden Tagen im Glaspalast könnte ein erster Gradmesser auf dem Weg dorthin sein.