Immer öfter beobachten Trickdiebe, wie Senioren Geld abheben und in einem Koffer auf dem Autorücksitz verstauen – wie jetzt in Renningen Foto: Fotolia

Erst tricksten sie einen 74-Jährigen aus und raubten ihm einen Koffer mit Geld, später wurden sie nach filmreifer Jagd auf der Autobahn geschnappt: Eine Bande osteuropäischer Herkunft ist am Donnerstag mit der Beute nicht weit gekommen. Die zwei jüngsten Mitglieder sind erst 13 Jahre alt.

Ludwigsburg - Seinen Ausgang nimmt der spektakuläre Fall in der Renninger Innenstadt. Ein Senior hebt gegen 9.45 Uhr bei einem Geldinstitut mehrere Tausend Euro ab und legt sie in einen Koffer. Dann geht er zu seinem Auto, legt den Koffer auf den Rücksitz und setzt sich in den Wagen. Was er offenkundig nicht bemerkt hat: Er wurde beim Abheben des Geldes beobachtet. Denn plötzlich reißt ein junges Mädchen die Fahretür auf, hält dem 74-Jährigen ein Kladde hin, damit er auf einer vermeintlichen Spenderliste unterschreibt.

Fast gleichzeitig pirscht sich ein weiteres Mädchen heran und öffnet, während der Senior abgelenkt ist, die hintere Fahrzeugtür. Sie schnappt sich den Koffer, ruckzuck verschwinden die Mädchen in einem blauen VW-Passat mit spanischer Zulassung, dessen Fahrer umgehend in die Eisen steigt.

Dass sie nicht allzuweit kommen, ist der Reaktionsschnelligkeit eines Zeugen zu verdanken. Er nimmt die Verfolgung in Richtung Autobahnauffahrt Leonberg-West auf und kann zudem gleichzeitig per Handy der Polizei das Kennzeichen des Passats mitteilen. Mehrere Streifenwagen brausen sofort ebenfalls auf die A 81 und kontrollieren die Strecke in Richtung Würzburg.

Zwischen den Anschlussstellen Ludwigsburg-Nord und Pleidelsheim erfolgt der Zugriff. Die Fahnder halten den VW auf dem Standstreifen an und nehmen die vier Insassen fest. Neben dem 19-jährigen Fahrer handelt es sich um zwei Mädchen im Alter von 17 und 13 Jahren und einen weiteren, 13-jährigen Jungen. Für die Festnahme und Durchsuchung des Passats muss die Autobahn kurzzeitig gesperrt werden. Die Beamten stellen eine Banderole mit Münzgeld sicher, die zweifelsfrei aus der Renninger Bank stammt. Der Koffer wird am Freitagmorgen bei einer Tankstelle an der B 295 in Renningen (also auf dem Fluchtweg) gefunden – bis auf einen kleinen Betrag ist er leer.

Um die beiden 13-Jährigen kümmert sich nun das Jugendamt, gegen den 19-Jährigen und die 17-Jährige hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart Haftbefehl beantragt – sie sind mittlerweile in zwei Justizvollzugsanstalten eingewiesen worden. Alle vier Beteiligten sind osteuropäischer Herkunft. Die beiden älteren Verdächtigen haben keinen festen Wohnsitz in Deutschland, die zwei 13-Jährigen sind aktuell in Duisburg gemeldet. Alle bestreiten in den bisherigen Vernehmungen, an dem Trickdiebstahl in Renningen beteiligt gewesen zu sein.

Dass Autofahrer an ihrer Wagentür abgelenkt werden oder mit einem Stadtplan in der Hand an die Scheibe geklopft wird und währenddessen vom Rücksitz Waren oder Geldtaschen geklaut werden, ist nach Auskunft des Polizeiführers vom Dienst des Ludwigsburger Präsidiums „eine Masche, die wir schon öfter registriert haben“. Vor allem Senioren würden oft beobachtet, wie sie von Banken kommen – „im Wissen, dass ältere Leute zumeist nicht nur 50 Euro abheben“. Warum der VW Passat eine spanische Zulassung hatte, ist noch offen. Doch könnte es gut sein, dass einer der Täter oder andere Hintermänner tatsächlich dorthin Kontakte haben oder dass dort sogar ein anders Bandenmitglied lebt. Die beiden 13-Jährigen, so viel steht fest, sind nicht strafmündig und können somit nicht belangt werden.