Bis auf die Kleidung der Jungen hat sich an diesem Bild bis heute nicht viel geändert. Foto: privat

Eines ist gleich geblieben: Die Faszination der Kinder für die Lagerfeuerromantik bei der Pfingstfreizeit des Evangelischen Jugendwerks. Ansonsten hat sich vieles verändert über die 125 Jahre, seit es den Zusammenschluss gibt. Ein Rückblick.

Birkach/Plieningen - Feuerfunken steigen in den Nachthimmel, Flammen züngeln, das Holz knistert, und die Kinder sitzen im Kreis, halten Stöcke in ihren Händen. Eine Schale voller Teig steht im Hintergrund. Die Grillen zirpen, und auch ein Käuzchen ist zu hören. Diese Lagerfeuerromantik bietet die Pfingstfreizeit des Evangelischen Jugendwerks Plieningen-Birkach. Heute – und vor 125 Jahren. Denn so lange gibt es das Jugendwerk. Das bietet Anlass für ein Fest und für einen kleinen Rückblick.

Als Axel Haug ein kleiner Junge war, war die Kinderfreizeit ein Höhepunkt für ihn. „Diese Erlebnisse und Erfahrungen wollte man nicht mehr loslassen“, erzählt er. Doch irgendwann war er dem Alter entwachsen. „Um später weiter hinzugehen, musste man Betreuer werden.“ Daher ist Haug einer derjenigen, die im Jugendwerk seit Jahrzehnten aktiv sind. Der mittlerweile 40-Jährige begleitet Freizeiten und sitzt im Vorstand. So war er beispielsweise im Januar mit 30 Leuten in Österreich Ski fahren. Wie lang er das noch macht, weiß er nicht. „Ein alter Hase wie ich wirkt eher hemmend auf die Jugend“, sagt er und lacht. Er ist guten Mutes, dass sein junges Team gerade die Skifreizeiten künftig selbst organisiert. „Es wird perfekt ohne mich gehen. Das ist das Schöne oder auch das Traurige.“

Seine langjährige Kollegin Christa Schuster begleitet die Freizeiten nicht mehr, aber sie ist nach wie vor eng mit dem Jugendwerk verbunden. Die 52-Jährige ist Vorsitzende des 2005 gegründeten Vereins mit dem offiziellen Namen „Evangelisches Jugendwerk Plieningen-Birkach“. Auf den ersten Blick scheint es keinen Unterschied zwischen dem Werk und dem älteren Verein zu geben. Doch das täuscht. „Wir nennen ihn nicht Förderverein, aber prinzipiell ist er das“, sagt Haug.

Zu manchen Zeiten sah es nicht rosig aus

Die Gründung des Jugendwerks war die Reaktion auf finanzielle Kürzungen. 1988 gab es zwei 100-Prozent-Stellen, inzwischen ist noch eine 50-Prozent-Stelle übrig. Es gab Zeiten, da sah es für das Fortbestehen des Jugendwerks nicht rosig aus. „Da haben wir uns gefragt, ob wir weitermachen sollen, ob es sich noch lohnt“, berichtet Haug. Heute blicken er und die anderen wieder zuversichtlich in die Zukunft.

Angefangen hat die Geschichte des Jugendwerks im Jahr 1890 – zunächst allerdings nur für die Jungen der damaligen Zeit. Der Jünglings- wurde 15 Jahre vor dem Jungfrauenverein gegründet. Die Ziele beider Gruppen waren ähnlich, trotzdem sollten mehr als 60 Jahre vergehen, bevor die ersten gemeinsamen Veranstaltungen stattfanden. Und erst 1970 wurden sie unter dem neuen Namen „Evangelisches Jugendwerk“ Plieningen-Birkach vereint.

Im Vordergrund standen bei beiden Gruppen der Gesang, später ein Posaunenchor und natürlich das Gebet unter Gleichaltrigen. Über die Gründungszeit des einstigen Jungfrauenvereins ist wenig bekannt, es gab keine Chronik. Beim Jünglingsverein indes schon. So ist überliefert, dass die jungen Männer in den 1920er-Jahren fast jeden Nachmittag im Verein beschäftigt waren. Dienstags war Bibelstunde, donnerstags Turnen, freitags probte der Posaunenchor, und sonntags war das klassische Vereinstreffen. Darüber hinaus wanderten die Mitglieder miteinander und unternahmen Radtouren. Zu jener Zeit wurde auch das heute noch existierende Pfingsttreffen ins Leben gerufen.

1935 stand es schlecht um den Verein. Es kam zur Konfrontation mit der Hitlerjugend (HJ) – „... da sich die Ansichten der HJ nicht mit dem christlichen Bekenntnis der Nächstenliebe vereinbaren ließen“, heißt es in der Chronik. Der Jünglingsverein wurde verboten, doch eine Handvoll Mitglieder ließ sich nicht einschüchtern. Sie hielten die Treffen am Leben. Ihnen ist es zu verdanken, dass Menschen wie Axel Haug und Christa Schuster in ihrer Jugend an den Kinderfreizeiten des Jugendwerks Birkach-Plieningen teilnehmen konnten.

Schlange stehen am Haustelefon

Christa Schuster war im Alter von neun Jahren das erste Mal dabei. In ihren Anfangszeiten gab es eine Blockhütte, viel Natur – und keine Handys. „Wir hatten ein einziges Haustelefon. Da standen wir Schlange, um daheim anzurufen“, erzählt sie. Die meiste Zeit waren die Kinder an der frischen Luft, sie lernten, ein Lagerfeuer zu entfachen, sich draußen zurechtzufinden und den respektvollen Umgang mit der Natur. „Stellt euch vor, ihr habt im Wohnzimmer eine Ameise. Dann dürft ihr ‚iih‘ schreien. Doch in den nächsten Tagen sind wir nun im Wohnzimmer der Ameise, wir sind hier die Gäste.“ Diese Anekdote erzählte Axel Haug stets zu Beginn einer Freizeit. Er zeigte den Teilnehmern, was er als Kind gelernt hat.

Auch wenn die Lagerfeuerromantik die Jahrzehnte überdauert hat, so hat sich einiges geändert. Ohne Internet und Navi war vieles ursprünglicher. „Solche Erlebnisse vermisse ich – für die Kinder“, sagt Haug. Er erinnert sich, wie er mit einer Gruppe einfach mit einem VW-Bus losgedüst ist. Sie sind durch Frankreich gefahren, haben angehalten, wo es ihnen gefallen hat und unter dem Sternenhimmel geschlafen. „Früher waren wir noch freier und offener.“

Der Skifreizeit bleibt Haug zumindest dieses Jahr treu. „Als Organisator ist das anstrengend, aber es macht Spaß. Ich bin danach erholter als nach drei Wochen Guatemala, wo ich gern Urlaub mache.“

Das Fest zum 125-Jahr-Jubiläum:

Am Freitag, 17. April, findet von 14 Uhr an das Kinderfest statt. Für die sechs- bis zwölfjährigen Besucher gibt es Spiel- und Bastelangebote. Von 16 Uhr an können Kinobegeisterte den dritten Teil der „Fünf Freunde“ anschauen. Für alle Jugendlichen von 13 Jahren an beginnt das Jubiläum am Samstag, 18. April. Im Jugendraum K2 wird von 19 bis 22 Uhr mit DJ Faith gefeiert. Beide Veranstaltungen finden im Gemeindezentrum im Steckfeld an der Steinwaldstraße 2 statt. Am Sonntag, 19. April, ist die ganze Familie von 10.45 Uhr an zum Jubiläumsgottesdienst in der Steckfeldkirche eingeladen. Im Anschluss gibt es einen Stehempfang mit offenem Ende