Experten aus aller Welt diskutieren die Situation von Flüchtlingen in ihren Ländern Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Das Thema Migration stand im Mittelpunkt eines Treffens von Experten aus aller Welt in Feuerbach. In regem Austausch stellten sie die Situation von Flüchtlingen und Asylbewerbern in ihren Ländern vor und entwickelten Handlungsempfehlungen für deren Integration.

Stuttgart - Das Büro des Stadtjugendrings in Feuerbach ist von konzentrierter Spannung erfüllt. Einer redet, sechzehnzehn Menschen lauschen mit Kopfhörern den Stimmen der Dolmetscher. Aus Ägypten, Tunesien, Marokko, Spanien, Frankreich und Italien sind Vertreter von Organisationen angereist, die sich mit Migranten, Flüchtlingen und den gesellschaftlichen Umbrüchen am Mittelmeer befassen.

„Man spürt eine Verbundenheit zwischen den Landesvertretern, denn das Thema Migration liegt ihnen allen am Herzen“, sagt Projektleiter Jörg Sander. Das Projekt „Jugendmigrationsrat“ des Stadtjugendrings Stuttgart läuft seit drei Jahren. Und nun treffen sich die Experten zum letzten Mal. Drei Jahre lang haben sie die Umwälzungen am Mittelmeer und ihre Konsequenzen für die Migrationsbewegungen von Jugendlichen beobachtet und in einer Studie dokumentiert. Nun stellen sie die Situation in ihren jeweiligen Ländern vor. Wie geht ihre Regierung mit Flüchtlingen und Zuwanderern um? Wie kann man die Situation verbessern? Das Ziel des Projektes ist es, internationale Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung zu erarbeiten. „Durch den arabischen Frühling steht uns eine Flüchtlingsbewegung bevor, auf die wir vorbereitet sein müssen“, sagt Jörg Sander.

Die Zahl der weltweit vertriebenen Menschen liegt nach dem Stuttgarter Flüchtlingsbericht bei über 42 Millionen. Mehr als die Hälfte der Asylantragsteller in Deutschland sind unter 25 Jahre alt, viele von ihnen sind minderjährig und kommen ohne Begleitung ihrer Familie. „Wenn die jungen Migranten hier sind, müssen wir sie begleiten und beschäftigen“, sagt Sander. Eine Möglichkeit sei beispielsweise, die Jugendlichen in Vereine zu integrieren. Und das funktioniere am Besten in Zusammenarbeit mit deutschen Jugendlichen, die bereits in den Vereinen Mitglied sind. „Die Jugendlichen müssen miteinander in Kontakt treten“, sagt Jörg Sander. Parallel zur Expertentagung findet ein Jugendforum statt, bei dem sich 25 Jugendliche aus verschiedenen Ländern über konkrete Praxismöglichkeiten für Migranten austauschen. Am Ende stellen sie ihre Ergebnisse dem Expertenrat vor.

Das Projekt „Jugendmigrationsrat“ wird zum Teil von der EU gefördert. Die Kosten belaufen sich insgesamt auf 800 000 Euro. Rainer Mayerhoffer, Projektverantwortlicher und Geschäftsführer des Stadtjugendrings, sieht in einem solchen Projekt viele Chancen. „Junge Flüchtlinge sind motiviert. Sie saugen alles auf wie ein Schwamm“, sagt er. „Sie zu fördern ist eine Chance für die ganze Bevölkerung.“ Die öffentliche Wahrnehmung habe sich in den letzten Jahren bereits positiv verändert. So gebe es zahlreiche Flüchtlingsfreundeskreise. Stuttgarter Bürger würden die Ankömmlinge unterstützen und integrieren. „Wir müssen junge Migranten aus der Isolation herausholen und den Zugang zu geregelter Arbeit möglich machen“, sagt Mayerhoffer. Das sei von großer Bedeutung für ein friedliches Miteinander und eine bunte, tolerante Stadtgesellschaft.