Der Esslinger OB Jürgen Zieger wirbt für Esslingen als Einkaufsstadt – auch wegen der besonderen Atmosphäre zwischen Baudenkmalen wie dem Alten Rathaus (rechts). Foto: Max Kovalenko

Der Esslinger OB Jürgen Zieger (SPD) sieht die Zukunft der Region in einer Regionalstadt – der Kernstadt Stuttgart und selbstständigen Umlandkommunen. Landkreise haben in diesem Modell keinen Platz mehr. Zieger hält deren Organisationsform für überholt.

Esslingen - Der Esslinger OB Jürgen Zieger (SPD) sieht die Zukunft der Region in einer Regionalstadt – der Kernstadt Stuttgart und selbstständigen Umlandkommunen. Landkreise haben in diesem Modell keinen Platz mehr. Zieger hält deren Organisationsform für überholt.

Herr Zieger, Esslingen wächst und ist mit 93.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Region. Damit ist die magische Grenze von 100.000 Einwohnern nicht fern, da Esslingen sich vom Landkreis lossagen könnte . . .
Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Esslingen die 10.000-Einwohner-Marke knackt. Unser Problem ist eher, dass wir schrumpfen. Unser erklärtes Ziel ist es, die Einwohnerzahl zu stabilisieren. Städte der Größenordnung Esslingens passen aber tatsächlich schwer in eine Landkreisstruktur, weil eine Vielzahl von Leistungen, die originär Landkreisaufgaben wären, in eigener Zuständigkeit und mit eigenen finanziellen Mitteln erledigt werden müssen.

Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?
Den Verzicht auf die Landkreise! Wir sollten diese politische Ebene abschaffen. Das Verbandsgebiet Region Stuttgart wäre mit der hohen Anzahl an Großen Kreisstädten und über das Modell Verband Region Stuttgart geeignet, prototypisch an ein Regionalstadtmodell heranzugehen.

Sie wollen also Regierungspräsidien und Regionalverband belassen, die Landkreise aber komplett streichen?
Ja, in ihrer jetzigen Organisationsform. Das ist ausdrücklich nicht gegen die Personen der Landräte gerichtet.

Haben Sie beim Land schon einen entsprechenden Vorstoß unternommen?

Wir diskutieren diese Frage natürlich im Verband Region Stuttgart und der Regionalversammlung, es gibt eben viele ungelöste Fragen der Organisation im Ballungsraum Stuttgart. Durch die Vielzahl der Ebenen gibt es Doppelzuständigkeiten und eine ungleiche Verteilung der Lasten. Das hat wenig mit Effizienz zu tun. Die damalige Landesregierung ist mit der Einrichtung des Verbands Region mit dem Anspruch gestartet, auf eine Ebene zu verzichten, aber auf halbem Weg stehen geblieben.


Aber haben die Bürger nicht mehr Bezug zu den Landkreisen als zur Region?
Schauen Sie sich mal die Tagesordnung einer Kreistagssitzung an, wenn etwa 100 Menschen zusammenkommen, und über was dann entschieden wird. Da stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit von Kreistagen automatisch. Mir geht es ausschließlich um die politisch gewählte Ebene, nicht um die administrative Organisation. Die ist nötig, um kleinere Städte und Gemeinden zu unterstützen.

Wäre Esslingen dadurch finanziell bessergestellt? Immerhin zahlt die Stadt bisher 42 Millionen Euro Kreisumlage.
Über den Wegfall einer Ebene stelle ich mir finanzielle Vorteile für alle Städte und Gemeinden vor.

Im Schatten von Stuttgart bleibt Esslingen auch nur die Rolle des Mittelzentrums. Dabei erfüllt Esslingen mit Fachkliniken, Hochschulen, Museen, Theater und Fachgeschäften die Kriterien für ein Oberzentrum.
Es kann überhaupt keine Frage sein, dass Stuttgart in der Region das Oberzentrum darstellt. Es wäre geradezu albern, daran etwas ändern zu wollen. In Sachen Handel ist Esslingen allerdings sehr gut aufgestellt und hier natürlich in Konkurrenz zu Stuttgart.