„Wenn man Verantwortung mag, ist es ein toller Job“, sagt der Bürgermeister von Haßmersheim Foto: Steffen Rometsch

Als jüngster Bürgermeister Deutschlands hat Michael Salomo im Januar 2014 seinen Dienst in Haßmersheim angetreten. Inzwischen hat ihn ein Rathauschef in Tengen überholt. Die Bilanz des 26-Jährigen nach gut einem Jahr im Amt fällt positiv aus.

Hassmersheim - Morgens zwei Gespräche mit örtlichen Gewerbetreibenden, anschließend Amtsleitersitzung, Vorbereitung der nächsten Gemeinderatssitzung, dann die Verleihung eines Präventionspreises, am Abend noch eine Jahreshauptversammlung des Sportvereins und dazwischen jede Menge Aktenstudium.

Was sich für manchen für eine Mischung aus trögen und nervenaufreibenden Aufgaben, vor allem aber nach einem langen Arbeitstag anhört, ist für Michael Salomo der Traumberuf schlechthin. „Wenn man Verantwortung mag, ist es ein toller Job“, sagt Salomo. Seit gut einem Jahr führt der 26-Jährige die Geschicke der knapp 5000 Einwohner zählenden Gemeinde Haßmersheim im Neckar-Odenwald-Kreis.

In der Gemeinde kommt der neue Chef gut an. „Salomo ist sehr bemüht, er sucht den Kontakt zu vielen Bürgern“, attestiert ihm Bernolph Freiherr von Gemmingen-Guttenberg, der mit seiner Holzhandlung zu den größten Arbeitgebern des Ortes gehört und der zugleich Besitzer der Burg Guttenberg mit ihre bekannten Greifenwarte ist. „Er hat die sachlichen und inhaltlichen Fragen aus dem Wahlkampf nicht vergessen, sondern auf seine Agenda geschrieben.“

Ursprünglich kein Chance auf einen Wahlsieg eingeräumt

Dabei hat von Gemmingen dem unbekannten, jungen Bewerber ursprünglich kein Chance auf einen Wahlsieg eingeräumt. „Ich habe nicht geglaubt, dass sich jemand von außen, den man kaum kennt, durchsetzen kann.“ Gut, dass es eine demokratische Wahl gibt, aber eigentlich hat er ja keine Chance – so dachten viele in der Neckargemeinde. Zumal sich mit Marcus Dietrich (53) der Amtsinhaber, der seit 24 Jahren die Geschicke der Kommune gelenkt hat, wieder beworben hatte.

„Der Vorgänger hat ja keine silbernen Löffel geklaut“, sagt von Gemmingen. Doch die Wahl endete mit einer faustdicken Überraschung: Gleich im ersten Wahlgang sicherte sich Salomo mit 54,03 Prozent der abgegebenen Stimmen die absolute Mehrheit.

„Salomo war fleißig in allen Ortsteilen unterwegs, von Haustür zu Haustür, hat sich an die Küchentische gesetzt und zugehört – das kannte man vorher so nicht“, macht von Gemmingen ein Erfolgsrezept des neuen Rathauschefs aus.

Zwischenbilanz nach 16 Monaten kann sich sehen lassen

„Akzente setzen“ hat sich Salomo im Wahlkampf zum Ziel gesetzt. Die Zwischenbilanz nach 16 Monaten kann sich durchaus sehen lassen: Zur größeren Transparenz ist der Haushaltsplan jetzt für jeden öffentlich auf der Internestseite einsehbar, im Januar wurde erstmals ein Jugendgemeinderat gewählt, ein neues Baugebiet für 25 junge Familien ist bereits im Verkauf, seit Pfingsten können sich Paare auf der Burg Guttenberg trauen lassen. Der Planungswettbewerb zum Rathausumbau ist ebenso in vollem Gang wie eine Machbarkeitsstudie für den Betrieb einer Seniorenwohnanlage.

Offensichtlich packt Salomo so viele Themen an, dass manchem Gemeinderat die Sitzungen zu lang werden. So haben die Freien Wähler unlängst beantragt, die Sitzungen des Gremiums spätestens um 22 Uhr zu beenden.

Wollten vor gut einem Jahr noch Dutzende Journalisten und Kameraleute seinen ersten Arbeitstag als jüngster hauptamtlicher Bürgermeister Deutschlands verfolgen, ist inzwischen längst der Alltag in dem dreigeschossigen Rathaus eingekehrt. Nüchtern bis spartanisch ist das mit blauem Teppichboden ausgelegte Büro des jungen Verwaltungschefs eingerichtet. Auf der einen Seite steht ein Besprechungstisch mit sechs Stühlen, in der Ecke hängen schlaff die Flaggen von Europäischer Union und Deutschland. Gegenüber steht ein Schreibtisch, auf dem sich neben dem Computer Akten stapeln, zur Schulplanung, zur Abwassersanierung, zu neuen Baugebieten, zum Pflegebedarf von Senioren.

„Nur unsere Auszubildende ist jünger als ich“

„Es ist die komplette Palette, die das Leben bietet – das macht es so spannend“, sagt Salomo. Dazu gehört auch die Verantwortung für 35 Mitarbeiter und einen rund 19 Millionen Euro umfassenden Gemeindehaushalt. Berührungsängste mit den fast ausnahmslos älteren Amtsleitern und Mitarbeitern im Rathaus (Salomo: „Nur unsere Auszubildende ist jünger als ich.“) gibt es nicht.

Salomo, der bereits eine vielfältige Verwaltungslaufbahn mit Stationen beim Bundesinnenministerium, Landesamt für Verfassungsschutz und beim Zoll hinter sich hat, wirbt dafür, jungen Menschen mehr Vertrauen entgegenzubringen. „Durch Schule und Studium wird man viel zu lange aus der Verantwortung herausgehalten“, kritisiert er. „Es ist wichtig, dass junge Leute früh Verantwortung bekommen, nur so können sie ein Gespür für Menschen bekommen.“ Das könne man nicht in der Theorie sondern nur in der Praxis lernen.

„Wenn’s hier klemmt, spürt man das sofort, dann stehen die Bürger morgen in meinem Büro“, sagt der junge Bürgermeister. Zwar sei für den Beruf „viel Leidenschaft erforderlich, aber ich kann junge Menschen nur ermutigen“.

Marian Schreier ist Salomos Aufruf bereits gefolgt: Er hat den Haßmersheimer Mitte Mai als jüngster Bürgermeister abgelöst. Der 25-jährige leitet künftig die Geschicke der Stadt im Kreis Konstanz.