Judith Holofernes ist in Stuttgart aufgetreten - als Solo-Künstlerin. Bekannt wurde sie als Leadsängerin von "Wir sind Helden" - wir haben einen kleinen Rückblick in Bildern zusammengestellt. Foto: promo

Ihre Band Wir sind Helden macht gerade Pause. Doch das hat Judith Holofernes nicht daran gehindert, ein Soloalbum aufzunehmen. Am Montag gab sie im Stuttgarter Theaterhaus ein familiär-intimes Konzert.

Ihre Band Wir sind Helden macht gerade Pause. Doch das hat Judith Holofernes nicht daran gehindert, ein Soloalbum aufzunehmen. Am Montag gab sie im Stuttgarter Theaterhaus ein familiär-intimes Konzert.

Stuttgart - Judith Holofernes plaudert gerne, sie scherzt gerne. Die Stimmung im großen Saal im Theaterhaus ist familiär, geradezu intim. Holofernes lässt sich das Haar über das Gesicht fallen, sie singt frech, sie reimt viel und weiß so manches: zum Beispiel dass es in Japan Diskotheken gibt, in denen man im Sitzen tanzt.

Der Saal ist bestuhlt und zu zwei Dritteln gefüllt. Die kleine Anekdote könnte ein Gruß sein an all jene unter den 500 Konzertbesuchern, die sich nicht vor der Bühne drängen.

„Diesen Song habe ich extra für euch ausgegraben“, sagt Holofernes, „er lag in meinem Hinterhof, zwei Meter unter der Erde“ – dort habe sie ihn vergraben, vor langer Zeit. „Kamikazefliege“ heißt das Stück, und Holofernes schrieb es als 18-Jährige. Nun ist sie 37, und die Band, mit der sie bekannt wurde, ruht: Wir sind Helden haben eine Pause eingelegt, im Februar erschien dafür ein erstes Soloalbum der Sängerin – „aufgenommen in kleinster, aber wummsiger Besetzung“, kommentierte sie die Veröffentlichung.

Höhere Frauenquote als früher

Man weiß nicht recht, was wummsig ist, aber klein ist die Besetzung, mit der Judith Holofernes in Stuttgart auftritt, nicht wirklich: Fünf Musiker begleiten sie, die Frauenquote in ihrer Band ist hoch. Sie selbst spielt die Gitarre, manchmal die Ukulele, manchmal auch die Dobro, die für sie das „legitime Kind einer Gitarre und einer Konservendose“ ist.

Umgehen aber kann sie mit dem Mischling, sie zeigt es bei dem Song „Havarie“: Nahezu ohne Begleitung trägt sie ihn vor, ein Stück, das klingt, als käme es aus den Sümpfen Louisianas. Judith Holofernes Stimme bricht trotzig über „dem nicht sehr schlimmen Gerassel“ des Instruments.

Auch jeden anderen Song ihres Solodebüts spielt sie im Theaterhaus. „Ein leichtes Schwert“ aber ist ein kurzes Album, das findet Holofernes selbst. Ihr Konzert dagegen dauert, mit Zugaben, mehr als 80 Minuten – denn kurz verweilt sie bei ihren Liedern nie, zudem hat sie sich fremde geliehen.

Zum Beispiel von Teitur Lassen. Lassen stammt von einer Insel in der Nordsee und hat ein Album veröffentlicht, das den Titel „Let The Dog Drive Home“ trägt – so etwas gefällt Judith Holofernes, der fleißigen Bloggerin, die im Internet gerne Gedichte über Tiere schreibt.

Hier auf Malle / olle Qualle...

Zum Beispiel über die Qualle. Noch bevor sie Teiturs Song „Catherine The Waitress“ umtauft in „Jonathan der Kellner“, liest sie ihren Fans das Quallengedicht vor: „Qualle olle / hast nicht alle / machst im Urlaub uns noch malle / hier auf Malle / olle Qualle.“

Ein anderes Stück, das sie sich von einem anderen Songwriter geliehen hat, ist der rockige Höhepunkt des Abends: „Ich will, dass du glücklich bist“ heißt tatsächlich „Hope You’re Happy Now“ und befindet sich auf dem Album „Blood & Chocolate“, das Elvis Costello 1986 veröffentlicht hat. Judith Holofernes ist ein Fan Costellos, so sehr wie sie sie ein Fan von Lyle Lovett ist, Country-Sänger und nur für kurze Zeit Ehemann von Julia Roberts. Ihm widmet sie sich im Zugabenteil. „Hätte ich ein Boot“ heißt sein Song bei ihr.

„John Irving“ dann ist jenes Stück auf ihrem Album, das ihre Fans bereits ins Herz geschlossen haben – sie wollen es hören, sie singen mit, wenn Judith Holofernes all die Schriftsteller und Filmemacher mit Mädchenstimme anfleht, sie doch bitte endlich in Ruhe zu lassen: „Und sagt auch T. C. Boyle / und Sir Conan Doyle / ich suche kein Drama / ich will kein Geheul“.