OB Fritz Kuhn gratuliert der überglücklichen Muhterem Aras Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone Foto:  

Die Sektflaschen ploppten in der Staatsgalerie bei der Wahlparty der Grünen schon vor der ersten Hochrechnung. Denn dass sie als stärkste Partei bei der Landtagswahl abschneiden würden, daran hatte niemand ernsthafte Zweifel. Die große Frage war, wie schneidet die SPD ab.

Stuttgart - Knallgrüner Noppenboden statt roter Teppich. Das passte perfekt für die Party der Grünen nach der Landtagswahl. Mehr als 1000 Mitglieder und Anhänger wollten dabei sein, als die Grünen ihren bisher größten Wahlsieg feierten. Ihr Bauchgefühl sei hervorragend, sagten die meisten. „Ich hoffe nur, dass wir mit unserem Ergebnis auch etwas anfangen können“, sagt Markus Majev, so als hätte der 59-jährige Verwaltungsfachmann das Debakel, das sich nach dn Hochrechnung abzeichnet, geahnt.

Als um 18 Uhr die erste Hochrechnung auf der Videoleinwand zu sehen ist, kann Verkehrsminister Winfried Hermann die Ergebnisse kaum erkennen. Unzählige Kameras und Fotoapparate sind auf ihn gerichtet und versperren die Sicht auf die Leinwand. Jemand ruft: „32 Prozent, CDU 27!“Die Grünen landeten schließlich bei 31,3 Prozent Der Verkehrsminister strahlt: „Damit liegen wir deutlich vor der CDU. Das ist ein denkbar tolles Ergebnis“, sagt er und sieht darin einen klaren Auftrag der Wähler in Baden-Württemberg für Ministerpräsident Winfried Kretschmann und die Grünen, auf dem bisherigen Weg weiterzugehen.Aber mit wem wollen die Grünen den Weg gemeinsam gehen? Für Grün-Rot sieht es schlecht aus. Hermann und auch der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucher schutz, Alexander Bonde, zucken die Schultern. „Für Spekulationen ist es zu früh“, sagt Bonde.

Tosender Beifall für den Ministerpräsidenten

Um 18.30 Uhr wird Ministerpräsident Winfried Kretschmann erwartet. Zusammen mit seiner Frau Gerlinde kommt er bereits um 18.25 Uhr in die Staatsgalerie – und wird von tosendem Befall und „Kretschmann, Kretschmann“-Rufen empfangen. Ganze vier Minuten dauert der Jubel, dann erst tritt der Ministerpräsident mit souveränem, staatsmännischem Lächeln ans Mikrofon: „Wer es geschafft hat, darf feiern. Das machen wir heute und vielleicht morgen noch ein bisschen. Aber dann wird wieder gearbeitet“, sagt er. Mit wem zusammen? „Vielleicht langt es ja doch noch für Grün-Rot“, hofft er.

In der Landeshauptstadt liegen die Grünen mit 36,4 Prozent sogar noch über dem Landesdurchschnitt. Alle vier Stuttgarter Kandidaten haben das Direktmandat geholt. Muhterem Aras reißt die Arme hoch, als sie ihr eigenes Ergebnis sieht. 42,4 Prozent. „ Ich bin einfach nur glücklich“, sagt die Stuttgarter Landtagsabgeordnete und Kreisvorsitzende der Grünen. Ehemann Sami ist der Erste, der gratuliert. „Mein Mann, meine Eltern und Kinder haben mich so toll unterstützt. Wäre das Ergebnis schlecht, hätte mein Sohn mehr gelitten als ich.“

„Dass ich so ein Ergebnis erlebe, hätte ich nicht gedacht“, freut sich der Stuttgarter Altstadtrat Michael Kienzle und erinnert an die „kleinen Anfänge“ der Grünen im Stuttgarter Gemeinderat. In die Freude über den eigenen Erfolg mischt sich aber auch Bedauern über die Niederlage der SPD und Erschütterung über das zweistellige Ergebnis der AfD. „Das hat die SPD nicht verdient“, sagt Veronika Kienzle, Bezirksvorsteherin Mitte, und hält das Ergebnis der AfD für katastrophal. Der Grünen-Stadtrat Jürgen Stopper hat ebenfalls „gemischte Gefühle“. „Es ist bitter, dass die AfD so gut abschneidet und die SPD so abstürzt“, sagt er. Trotz des Wermutstropfens wollen die Grünen am Sonntagabend aber vor allem eins: sich und ihren Wahlsieg feiern, bei Würstchen und Kartoffelsalat oder Kässpätzle und Sekt. Den gab’s gratis. Wie es dann weitergeht? Da sind sich alle einig, dass der Ministerpräsident das Richtige machen wird. Der sagt: „Gespräche werde ich mit allen führen.“