Jochen Distelmeyer war am Freitagabend zu Gast im Merlin. (Archivbild von 2003) Foto: dpa

Ein prächtig gelaunter Jochen Distelmeyer präsentiert im ausverkauften Stuttgarter Merlin erstmals seine Coversongs vom neuen Album. Das ist schön und äußerst unterhaltsam.

Stuttgart - Da ist sie wieder. Diese Stimme, die sich wie nach Hause kommen anfühlt. Da ist er wieder. Dieser Mann, der einen schon so lange begleitet: Jochen Distelmeyer, ehemals Sänger von Blumfeld, stellt zum ersten Mal die Lieder seines neuen Albums „Songs From The Bottom Vol. 1“, das am 12. Februar erscheinen wird, beim fein zusammengestellten Festival Pop Freaks im Stuttgarter Merlin live vor.

Das Konzert von Jochen Distelmeyer ist zweigeteilt: In der ersten Hälfte gibt es Coverversionen von Künstlern, die er verehrt, von Songs, die er gut findet. Im zweiten Teil dann natürlich auch Lieder seines Soloalbums „Heavy“ und seiner Band Blumfeld, die es ja leider nicht mehr gibt. Das muss die Nostalgiker heute Abend aber nicht grämen. Distelmeyer ist nach einem Ausflug in die Literaturwelt mit seinem Romandebüt „Otis“ im vergangenen Jahr zurück bei der Musik. Die Geschichte, eine Odyssee in Berlin-Mitte, hat ihn inspiriert, die Lieder der anderen zu singen, er baute sie in seine Lesungen ein. Die Fans wollten mehr davon.

Distelmeyer hat sich freigeschwommen

Distelmeyer weiß, dass er sich alles erlauben kann und tut es einfach: Er macht aus Britney Spears‘ „Toxic“ eine bluesige Folkversion, intoniert Nick Lowes „I read a lot“ mit liebevoller Leidenschaft. „Wir haben einige Schmankerl vorbereitet“, sagt Distelmeyer und verspricht damit nicht zu viel. Er trägt einen dunklen Anzug und ein weißes Hemd, die Haare sind länger geworden, unterstützt wird er von Daniel Florey am Klavier und präsentiert sich als guter Instrumentalist an der Gitarre, als wandelbarer Sänger und als bestens gelaunter Unterhalter.

Die Bee Gees mit „Tragedy“, Supertramps „Take the long Way Home“, Seals „Killer“, The Verves „Bitter Sweet Symphony“ - all die gänzlich unterschiedlichen Lieder macht er zu seinen eigenen. Er erzählt von Lana del Rey, die er in der Tradition von Girl Groups wie den Shangri-Las sieht, was das mit Belinda Carlisles „Heaven Is A Place on Earth“ zu tun hat und schließt mit den Worten „Hefte raus, Klassenarbeit! Von wegen Hamburger Schule.“ Da hat einer sichtlich Spaß, bei dem, was er macht.

Distelmeyer hat sich freigeschwommen von all der Bedeutungssuche im Blumfeldschen Werk, erzählt wirklich Witze, die mit „ein Mann beim Arzt“ anfangen. Wer hätte sich das zu „Verstärker“-Zeiten träumen lassen? Nach fast zwei Stunden und einer berührenden Version von „Free as a Bird“ singt Distelmeyer „Let me go I don‘t wanna be your hero“. Okay, verstanden.