Zunächst beschnuppern sich Kinder und Pferde vorsichtig Foto: Anna-Lena Kümpel

Kinder aus der Grundstufe der Gustav-Werner-Schule dürfen für ein halbes Jahr zur Reittherapie. Die Kinder lernen, den Pferden zu vertrauen und ihre Grenzen zu akzeptieren,

Feuerbach - Ganz gelassen stehen die drei Islandpferde an der Putzstation und lassen sich streicheln, striegeln oder die Hufe auskratzen. Den Umgang mit neugierigen, hektischen oder auch ängstlichen Kindern sind die charakterstarken Tiere gewohnt. Für die Schüler der Gustav-Werner-Schule für geistig behinderte Kinder (GWS) hingegen, ist die Begegnung mit den Vierbeinern etwas völlig Neues. Sechs Monate werden sie einmal die Woche eine Reittherapie im Islandpferdezentrum in Feuerbach machen.

Soziales Lernen im Vordergrund

Der Verein „Allianz für die Jugend“ sponsert die Therapie gemeinsam mit zwei Paten von der „Allianz“-Versicherung. Am Mittwoch haben die Sponsoren die Kinder besucht. „Wir unterstützen dieses Projekt weil wir sehen, dass das Geld ankommt und hilft“, sagt Gabi Mangold, Geschäftsführerin von „Allianz für die Jugend“. Ihr liegt die tiergestützte Therapie sehr am Herzen, deshalb gefällt ihr dieses Projekt besonders gut. „Den Schülern bringt es viel“, sagt Sabine Oehlschlägel, Rektorin der GWS. Das sei nicht nur an den schulischen Leistungen zu spüren. „Die Kinder lernen, ihre Ängste zu überwinden und sich selbst zurück zu nehmen“, sagt Simone Flaig, Klassenlehrerin der Grundstufenklasse. „Die Schüler sind jetzt schon viel ruhiger als sonst, wenn sie mit den Pferden umgehen“, sagt sie. Beim Umgang mit den Tieren steht vor allem das soziale Lernen im Vordergrund.

„Pferde reagieren direkt und ehrlich. Welche Hautfarbe jemand hat, wo er herkommt, ob er behindert ist oder nicht, ist ihnen egal“, sagt Reittherapeutin Mareike Breuer. Die Schüler lernen, die Grenzen, die ihnen das Tier setzt, wahrzunehmen und zu akzeptieren. „Bei dem engen Kontakt mit den Pferden wird auch das Grundbedürfnis der Kinder nach Nähe befriedigt“, sagt Breuer.

Auch die Tiere lernen dazu

Bis zum Ende des Schulhalbjahres wird der Kontakt und das Vertrauen zu den Tieren langsam aufgebaut. Zuerst nehmen die Kinder die Reaktionen des Pferdes wahr und lernen, sie zu deuten. Dann werden sie die Tiere neben sich her führen und schließlich, mit Hilfe von Mareike Breuer , langsam durch die Halle reiten. Bei dieser Art von Therapie fällt es der Reittherapeutin leicht, auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mädchen und Buben einzugehen. „Jemand, der eher vorsichtig oder ängstlich ist, kann erst mal langsam Kontakt aufnehmen und das Tier streicheln. Ein neugieriges und zupackendes Kind kann gleichzeitig andere Aufgaben, wie das Hufe auskratzen, übernehmen“, erklärt sie.

Das macht natürlich nicht jedes Pferd mit. Islandpferde sind wegen ihres Charakters und ihres ruhigen Gangs prinzipiell gut dazu geeignet. „Die Pferde leben hier in Herden. Die feste Rangordnung gibt ihnen soziale Sicherheit und da sie nachts auf der Koppel sind, haben sie viel Bewegung zum Ausgleich“, sagt Breuer. Trotzdem sucht sie sehr genau aus, welche Tiere sie zu Therapiepferden weiterbildet. „Ein gutes Therapiepferd ist ausgeglichen, kooperativ und hat starke Nerven“, sagt Mareike Breuer. In der Ausbildung lernen die Tiere, souverän mit ungewohnten Situationen umzugehen. Nur so können sie in der Therapie dazu beitragen, den Kindern soziale Kompetenzen zu vermitteln.