Schweigen ist Gold: Dietmar Bär (li.) und Uwe Ochsenknecht Foto: ZDF/Conny Klein

Er ist der beliebteste Fahnder im deutschen Fernsehen und einer der dienstältesten „Tatort“-Kommissare. In der ZDF-Komödie „Große Fische, kleine Fische“ war Dietmar Bär als wortkarger Fischer zu sehen.

Herr Bär, in „Große Fische, kleine Fische“ haben Sie als Ostseefischer Fiete auffallend wenig zu sagen. War das eine Herausforderung?
Auf jeden Fall. Die Figuren sind bewusst sehr verschlossen und schweigsam angelegt. In manchen Szenen kam ich mir beinahe geschwätzig vor, dabei habe ich objektiv nicht viel gesagt. Normalerweise benutze ich beim Studieren des Drehbuchs immer einen grünen Marker, um meine Textpassagen zu fetten. Jetzt hab’ ich erst gar nicht die Kappe vom Marker nehmen müssen (lacht). Man muss ja nicht immer reden, es gibt jede Menge andere Möglichkeiten, sich auszudrücken. Vor allem aber muss man die Figur, die man verkörpert, ernst nehmen.
Was hat Sie an dem Film sonst noch gereizt?
Das Thema. Es geht in dem Film unter anderem darum: Wie geht man heute mit der Küstenidylle um, und was macht der Tourismus mit der Fischerei? Außerdem hat mich – ganz selbstlos – als Freund der Ostsee natürlich auch der Drehort gereizt. Der Film wurde ja auf Rügen gedreht, und ich liebe diese Insel. Rügen ist noch unverbraucht, ruhig, entspannend, charmant. Meine Frau und ich machen dort jedes Frühjahr eine Entschlackungskur im schönen Binz. Das jedoch meistens, wenn Rügen noch unter Schnee und Eis liegt. Deshalb fand ich es toll, die Insel endlich mal grün und warm zu erleben – und nun kenne ich auch die Mücken dort.
Der Film lebt vom komödiantischen Duell zwischen Uwe Ochsenknecht und Ihnen. Das Drehbuch von Regisseur Jochen Alexander Freydank scheint Ihnen beiden auf den Leib geschrieben zu sein.
Freydank hatte tatsächlich schon beim Schreiben des Buchs an uns beide gedacht. Eine tolle Idee, über die ich mich sehr gefreut habe. Ich dachte: Endlich hat uns jemand gemeinsam besetzt! Außerdem mochte ich die Geschichte auf Anhieb – zwei sture Seebären auf Rügen, das ist doch witzig. Beim Lesen des Drehbuchs hatte ich zwar fünf oder sechs Kollegen im Sinn, die im Gegensatz zu Uwe und mir von der Küste kommen. Uwe stammt ja aus Mannheim, ich aus Dortmund. Aber ich glaube, wir haben das trotzdem so hingekriegt, dass man uns das nicht anmerkt. Und letztlich geht es in dem Film ja nicht nur um die norddeutsche Mentalität, sondern um eine Männerfreundschaft.
Wie wichtig ist Ihnen Freundschaft?
Echte Freunde sind manchmal sogar wichtiger als Familienbanden. Denn Freundschaften sucht man sich aus, die passieren einem im Leben. Doch richtige Freunde kann man wirklich an einer Hand abzählen. Da stimmt das Klischee: Wenn man älter wird, ist es noch schwerer, neue Freunde zu finden. Und in unserem Beruf ist es ohnehin schwierig, intensive Freundschaften zu schließen und vor allem zu pflegen. Ich habe einige enge Freunde, die kommen allerdings aus einem ganz anderen beruflichen Umfeld. Das finde ich auch gut so.
Was halten Sie von sozialen Netzwerken?
Ich lebe ganz gut ohne Facebook und Twitter. Und ich lese lieber Zeitung als E-Books. Da bin ich sehr wertekonservativ. Gerade wegen meines Berufs. Es ist ja ohnehin heute schon schwer genug, Zeit zu haben für alles. Außerdem mag ich mich lieber auf Menschen konzentrieren, die sich wirklich für mich, Dietmar Bär, und meine ganze Persönlichkeitstüte interessieren und nicht nur für den Schauspieler und „Tatort“-Kommissar.
Apropos „Tatort“: Anfang des Jahres wurden Sie laut einer Emnid-Umfrage zum beliebtesten TV-Ermittler gewählt. Wie sehr hat Sie das überrascht?
Total. Vor allem fand ich es erstaunlich, dass auf den vorderen Ranking-Plätzen so viele alte Säcke aus dem „Tatort“-Bereich vertreten waren. Und ich fand es überraschend, dass die Leute bei so vielen neuen jungen Formaten uns Alte immer noch so gerne gucken.
Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?
Vielleicht hängt das mit dem Wunsch der Zuschauer nach Authentizität zusammen. Neulich habe ich mich mit meinen Freund Wotan Wilke Möhring darüber unterhalten. Er kam bei der Umfrage der beliebtesten Fernsehfahnder auf Platz zwei, gefolgt von meinem Kumpel und Kollegen Klaus Behrendt. Und ich denke, Wotan ist so weit oben gelandet – obwohl er als „Tatort“-Kommissar noch recht frisch ist –, weil er sehr authentisch spielt. Er beweist, dass das stimmt, was wir schon auf der Schauspielschule gelernt haben: Wenn einem die Leute nicht glauben, dann wird’s schwierig. Es geht darum, die Figur, die man spielt, zu erfüllen.
Sie haben den Kölner „Tatort“-Kommissar schon rund sechzigmal gespielt . . . 
Es ist natürlich ein großes Privileg, so ein Format zu machen und drei Filme im Jahr bedienen zu dürfen. Man muss aber auch aufpassen, dass einem der „Tatort“-Kommissar nicht kleben bleibt, sonst steckt man unheimlich schnell in so einem Klischee fest. Und das geht nur, wenn mich Leute auch in andere Rollen sehen.
Wollten Sie schon als Kind Schauspieler werden?
(Lacht) Pastor hätte mir auch gefallen, weil ich schon immer gerne geredet habe. Aber dann habe ich Schultheater gespielt und als Theater-Statist in meiner Heimatstadt Dortmund auf der Bühne gestanden. Dabei hab’ ich dann Blut geleckt. Als Schauspieler kann ich mich anderen mitteilen, in die unterschiedlichsten Rollen schlüpfen und Geschichten erzählen. Deshalb ist das bis heute für mich der schönste Beruf der Welt.
Obwohl Sie viel fürs Fernsehen drehen, kehren Sie immer wieder zum Theater zurück. Was gibt Ihnen die Bühne, was Ihnen der Film nicht geben kann?
Theater zu spielen ist für mich jedes Mal eine große Bereicherung und eine gute Gelegenheit, mein Handwerk zu pflegen. Das ist physisch und mental eine Herausforderung, denn du musst ja deinen Text über mehrere Stunden an einem Stück beherrschen. Da plagen einen in den Probenwochen davor schon manchmal Albträume. Doch es ist auch eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte.