Die Waschmaschine wäscht – aber nur, wenn Windkraftwerke Strom ins Netz einspeisen: Intelligente Haushaltsgeräte sollen helfen, Ökostrom beständiger und erschwinglicher zu machen. Foto: dpa

Intelligente Haushaltsgeräte: Uni Bonn testet Geräte, die wissen, wann Strom günstig ist.

Essen - Die Wettervorhersage prophezeit einen perfekten Waschtag. Morgens noch bewölkt, aber ab dem Nachmittag wird’s sonnig. Mindestens zwei Stunden lang. Das reicht für die Ladung Shirts und Hosen. Also Klappe auf, Wäsche rein, Klappe zu. Den Rest erledigt die Maschine – irgendwann zwischen sofort und Sonnenuntergang. Sie reagiert nicht nur auf Knopfdruck, sondern auf die Solaranlagen, die in Deutschland Strom erzeugen: Arbeiten diese auf Hochtouren, wird der Strom günstiger – und damit auch das Wäschewaschen.

Schlauer waschen, schlauer trocknen – derzeit stellt die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn zusammen mit dem Gütersloher Hausgerätehersteller Miele bei der Technik-Messe Ideen-Park 2012 in Essen die ersten Waschautomaten und Trockner dieser neuen Generation vor. Diese entscheiden quasi selbst, wie und wann sie sich an- und abschalten, um möglichst viel Energie zu sparen. Denn das Hausgerät hat ein integriertes Modul, das Preisinformationen aus dem Stromnetz bezieht und deshalb weiß, wann der Strom aus regenerativen Energien günstig ist.

„Strom fließt in der Zukunft nicht mehr beständig zu gleichen Preisen aus der Steckdose“

Das Prinzip der smarten Haushaltsgeräte hat nicht nur ökologischen Nutzen: Je mehr Strom aus erneuerbaren Energien in die Stromnetze eingespeist wird, desto schwieriger wird es, die Balance zwischen Stromangebot und Stromnachfrage zu finden. Denn Strom aus Wind- und Sonnenkraft muss möglichst dann genutzt werden, wenn er produziert wird. Das hat Auswirkungen auf den Preis: „Strom fließt in der Zukunft nicht mehr beständig zu gleichen Preisen aus der Steckdose“, sagt Rainer Stamminger, Professor für Haushalts- und Verfahrenstechnik an der Uni Bonn. „Die Tarife werden sehr dynamisch und zeitweise auch sehr teuer sein.“

Die Nachfrage nach Strom muss sich deshalb in Zukunft nach dem Angebot richten. Und das erfordert bei den Verbrauchern ein Umdenken: So liegt der Stromverbrauch der privaten Haushalte nach Angaben des Bundesumweltministeriums seit einigen Jahren bei rund 23 Prozent. Etwa die Hälfte davon wird für Kochen und Waschen verbraucht. Und das hauptsächlich abends zwischen 18 und 22 Uhr.

Das ist aber genau die Zeit, in der besonders wenig Energie aus Wind- und Fotovoltaik-Anlagen verfügbar ist. Sprich: Künftig würden Verbraucher genau in dieser Zeit den teuersten Tarif zahlen. Die Sparzeit und wiederum die Hauptproduktionszeit von Solar- und Windstrom wäre allerdings tagsüber wenn die Sonne scheint oder dann, wenn der Wind weht.„Verbraucher müssen neu über ihren Energieverbrauch nachdenken“, sagt Stamminger.

Finanzielle Anreize verändern Stromverbrauchverhalten

Geräte, die es einem möglich machen, ihren Betrieb zeitlich so zu verschieben, um den Strombedarf an die wechselnde Verfügbarkeit von Wind- und Sonnenenergie anzupassen, könnten dieses Umdenken befördern. So lautet zumindest Stammingers Theorie.

Ob diese auch praxistauglich ist, versucht der Wissenschaftler derzeit in einer zwei Jahre andauernden Studie herauszufinden: 41 Haushalte, die mehr als 3500 Kilowattstunden Strom pro Jahr verbrauchen, bekamen 2011 von dem Hersteller Miele Hausgeräte ausgeliefert, die ihren Betrieb an das ökologische Stromangebot anpassen können. Zudem bekamen sie vom Energieunternehmen RWE ein dreistufiges Tarifmodell angeboten: In der Sparzeit kostet der Strom nur zehn Cent pro Kilowattstunde, in den Morgenstunden und am Nachmittag sind es 25 Cent pro Kilowattstunde, und in der Nacht zahlen die Verbraucher 40 Cent pro Kilowattstunde.

Das Team um Stamminger geht davon aus, dass Verbraucher durchaus ihr Stromverbrauchverhalten ändern werden – wenn es auch finanzielle Anreize gibt.

Ökologischer Sinneswandel, den die smarten Hausgeräte befördern sollen, mit Grenzen

Tatsächlich lässt sich mit Intelligenz auch Geld sparen: Lässt ein Haushalt etwa fünfmal pro Woche seine Waschmaschine immer am Mittag laufen, kann er ausgehend von einer Kilowattstunde Energieverbrauch pro Waschgang im Jahr rund 78 Euro sparen. Verlagert er zudem noch die Zeiten für den Trockner (zwei Kilowattstunden Energieverbrauch) in den Mittag, ergibt sich im Sommer bei etwa 2,7 Trockengängen pro Woche ein Einsparpotenzial von 42 Euro, und im Winter mit etwa 3,9 Trockengängen pro Woche von 120 Euro.

Doch der ökologische Sinneswandel, den die smarten Hausgeräte befördern sollen, hat seine Grenzen: Nur die wenigsten Geräte eignen sich für künstliche Intelligenz – wie Waschmaschinen, Trockner und Kühlschränke. Lampenanlagen, Computer, Klimaanlagen oder Fernseher gehören beispielsweise nicht dazu. Kaum einer verzichtet auf seinen Lieblingskrimi, nur weil der Strom ein paar Cent teurer ist. Wie begehrt clevere Hausgeräte werden, hängt von der zukünftigen Spreizung der Strompreise ab. Je mehr sich sparen lässt, umso beliebter werden sie. Immerhin: Erste Bestrebungen des Bundeswirtschaftsministeriums, Verbrauchern im Gegenzug für steuerbare Lasten Strompreisrabatte zu gewähren, gibt es bereits.