Ein geplantes Integrationsprojekt der Grünen könnte Studenten und Flüchtlinge bald zu Mitbewohnern machen. Foto: Archiv Achim Zweygarth

Die Grünen wollen ein Integrationsprojekt zum gemeinsamen Wohnen von Studierenden und Flüchtlingen. Die hiesigen Unis sind dem aufgeschlossen. Klassische Studentenwohnheime, von denen es auf den Fildern viele gibt, kommen aber nicht in Frage.

Filder - Neu in Stuttgart sind zum Semesterstart viele Studierende, die für ihr Studium umziehen. Neu sind aber auch zahlreiche Flüchtlinge, die hier ein neues Leben beginnen wollen. Das Projekt „Gemeinsames Wohnen von Studierenden und jungen Flüchtlingen“ soll sie nun unter ein Dach bringen. In München hat sich das Konzept bereits bewährt – jetzt wollen die Grünen das Konzept auch in Stuttgart realisieren. Das Integrationsprojekt soll Flüchtlingen den sozialen und beruflichen Einstieg durch das alltägliche Zusammenleben mit Studierenden erleichtern.

Andreas Winter ist der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Gemeinderat und Antragsteller. Er hält das Integrationsprojekt für vielversprechend: „Menschen, die im gleichen Alter sind, können miteinander leben und dadurch ergibt sich eine gute Möglichkeit der Integration.“ Die Idee zum Projekt kam dem Stadtrat durch das Münchner Vorbild. Dort gibt es das gemeinsame Wohnprojekt schon seit Oktober 2015. Durch die positiven Erfahrungen an der Kistlerhofstraße 144 inspiriert, stellten die Grünen im Juni das Pilotprojekt im Jugendausschuss mit Erfolg vor. Ende August hat die Fraktion einen entsprechenden Antrag an die Stadtverwaltung formuliert. Sie wird aufgefordert, ein Konzept zu entwickeln und es anschließend im Sozial- und Gesundheitsausschuss sowie im Jugendausschuss vorzustellen.

Ersten Standort im Auge

Das Gegenstück zur Münchner Kistlerhofstraße 144 könnte in Stuttgart das Gelände rund ums Bürgerhospital bilden. „Der Standort Bürgerhospital ist erst einmal interessant, weil dort schon viele Flüchtlinge wohnen. Natürlich sind wir aber auch offen für weitere Standorte“, erklärt Winter. Im ehemaligen Bettenhaus des Bürgerhospitals sind derzeit rund 600 Flüchtlinge Zuhause.

In Stuttgart gibt es in den Studierendenwohnheimen insgesamt 7200 verfügbare Zimmer. Rund um die Universität Stuttgart und die Hochschule der Medien in Vaihingen sind allein neun Studentenwohnheime zu finden: drei im Allmandring, zwei im Pfaffenhof, drei an den Straußäckern sowie das Bauhäusle. Auch in Möhringen gibt es ein Studentenwohnheim. In Plieningen und Birkach gibt es weitere neun Heime rund um die Uni Hohenheim. Hinzu kommen Unterkünfte, die nicht von den Studentenwerken verantwortet werden.

Wohnheime für Projekt nicht geeignet

Als Standorte für das Integrationsprojekt können die bestehenden Studierendenwohnheime allerdings nicht dienen. Die Gebäude des Studierendenwerks Stuttgart stehen ausschließlich Studenten zur Verfügung. Das bedeutet im Klartext: Sofern Flüchtlinge in Stuttgart studieren, werden sie vom Studierendenwerk gefördert und können in den Wohnheimen wohnen. „Aktuell wohnen 27 Studierende aus Syrien in unseren Wohnanlagen, gemeinsam mit Studierenden aus vielen anderen Ländern der Welt, EU und Deutschland“, erklärt Melanie Westphal, Marketingleiterin des Studierendenwerks Stuttgart. Rechtlich gesehen darf das Studierendenwerk seine Finanzmittel nur für die Förderung von Studenten ausgeben.

Für das Integrationsprojekt der Grünen muss sich also ein anderer Träger finden. Es könnte eher eine Alternative zum Leben in Flüchtlingsunterkünften bilden. „Vor allem für die Integration von Minderjährigen wäre das von Bedeutung“, sagt Hans-Herwig Geyer, Pressesprecher der Universität Stuttgart. Er kann sich die Realisierung des Projekts für die Studenten gut vorstellen. „Neben fachlichen Qualifikationen werden soziale Kompetenzen wie Empathie gegenüber anderen Kulturen für das Berufsleben immer wichtiger“, erklärt Geyer. An der Universität gibt es bereits mehrere Projekte zur Integration von Flüchtlingen wie beispielsweise den Bau einer Begegnungsstätte für Stuttgarter und Flüchtlinge.

Beide Seiten können profitieren

Andreas Winter ist davon überzeugt, dass neben den Geflüchteten auch die Studenten von dem Integrationsprojekt profitieren würden: „Das Zusammenleben kann eine Win-Win-Situation für beide Seiten geben.“ Für Florain Klebs, Pressesprecher der Universität Hohenheim, steht dagegen der Altruismus im Vordergrund: „Es ist eine spannende und hilfreiche Sache, aber ich denke, keiner der Studierenden macht das, weil er davon profitieren will.“ Die Bereitschaft bei den Studenten sieht er trotzdem. „Später kommt dann die Erkenntnis, dass sie davon auch etwas für ihre Persönlichkeitsentwicklung mitgenommen haben“, sagt Klebs. Ob das Projekt in Stuttgart realisiert wird, ist noch unklar. Zunächst muss die Stadtverwaltung ein Konzept entwickeln. Dann geht es an die Umsetzung.