Mordopfer Patrick P. - vor 15 Jahren fand man ihn im Pfullinger Stadtwald Foto: Polizei

Nach dem grausigen Fund einer Leiche vor 15 Jahren im Pfullinger Stadtwald ist die Identität des Opfers jetzt geklärt: Bei dem Getöteten handelt es sich um den damals 18-jährigen Patrick P. aus Marbach (Kreis Ludwigsburg).

Marbach - Im September 1999 hatte ein Förster im Wald südlich der B 312 zwischen Pfullingen und Unterhausen einen Schädel gefunden. Nicht weit davon entfernt hatte die Polizei ein fast vollständiges menschliches Skelett entdeckt. Die Ermittlungen ergaben, dass das Opfer vermutlich mit einem Gartengerät erschlagen und nackt im Wald verscharrt worden war.

Im Juni 2013 wandten sich zwei Schwestern des Opfers in der Sat.1-Sendung „Bitte melde Dich“ an Moderatorin Julia Leischik. Patrick P. hatte nach dem Schulabschluss 1998 seinen Lebensmittelpunkt nach Stuttgart verlagert und dort unter anderem in Modegeschäften und in der Gastronomie gearbeitet. Seine Spur verlor sich in einem Stuttgarter Erotikklub. Eine der Schwestern war sich sicher, Patrick in einem Fenster des Clubs gesehen zu haben. Auch die Mutter hatte in der Vergangenheit versucht, Patrick dort zu finden.

Die Suche der Fernsehmoderatorin blieb vergangenes Jahr jedoch ebenso erfolglos wie die Nachforschungen der Familie und endete mit der Veröffentlichung eines Porträtfotos des Vermissten und Angaben zu seiner Person. Zur selben Zeit, also erst 14 Jahre nach der letzten Begegnung mit ihrem Sohn, stellte die Mutter eine Vermisstenanzeige.

„Die Mutter hat, wenige Tage nachdem sie ihren Sohn das letzte Mal gesehen hat, am 31. Juli 1999 Kontakt mit der Polizei aufgenommen“, erklärt Björn Reusch vom Polizeipräsidium Reutlingen. Allerdings sei keine Anzeige gestellt worden. „Und für uns war es auch kein Vermisstenfall, denn der damals schon Volljährige war vor dem 31. Juli schon einmal ein paar Tage weg, kam aber dann wieder zurück und erklärte der Familie, dass er Probleme an der Arbeitsstelle habe.“ Dennoch gingen die Kollegen dem Hinweis auf den Klub im Rotlichtmilieu nach. „Wir trafen ihn dort jedoch nicht an und bekamen auch keine Hinweise. Die Mutter wurde gebeten, wiederzukommen, wenn der Sohn länger vermisst wird.“ Doch die Familie recherchierte auf eigene Faust – über Jahre hinweg.

Die Arbeit der 1999 gebildeten Sonderkommission „Schönberg“ konzentrierte sich auf die Identifizierung des Toten. Die Ermittlungen und eine Öffentlichkeitsfahndung, bei der unter anderem auch ein mit Hilfe einer Weichteilrekonstruktion angefertigtes Bild veröffentlicht worden war, führten jedoch nicht zum Erfolg. Auch Beiträge in den TV-Sendungen „Aktenzeichen XY“ im Jahr 2001 und „Ungeklärte Morde“ im Jahr 2011 brachten keine weiteren Erkenntnisse. „Bis Ende 2013 sind rund 2000 Hinweise eingegangen – aber keine entscheidenden“, so Björn Reusch.

Unter anderem vermutete man aufgrund einer Isotopenanalyse, dass das Opfer aus dem Kosovo stammt. Isotope sind verschiedene Varianten eines chemischen Elements, die sozusagen einen regionalen Fingerabdruck hinterlassen. Im Fall Patrick P. hat die Analyse Hinweise ergeben, dass das Opfer im Balkan gelebt oder es zumindest Verbindungen in den Balkan gegeben hat. Was sich jetzt bestätigte, denn ein Angehöriger des Opfers kommt aus dem Balkan.

Als die Familie im Juni 2013 die Vermisstenanzeige stellte, wurde von Mutter, Vater, den drei Schwestern und einem Bruder DNA genommen und mit einer Datei abgeglichen. Reusch: „Das hat den entscheidenden Durchbruch gebracht.“ Ende Oktober 2014 stand die Identität endgültig fest. „Es waren noch weitere rechtsmedizinische Gutachten notwendig“, erklärt Reusch die lange Zeitspanne. Anfang dieser Woche wurde die Familie, die nicht mehr in Marbach lebt, informiert. „Die Mutter ist inzwischen ohne Wohnsitz, eine Schwester wohnt nicht mehr im Landkreis, die anderen in der Nähe von Marbach.“

Zur Klärung des Mordes wurde jetzt eine zehnköpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet. Die Ermittlungen konzentrieren sich auf das damalige Umfeld und mögliche Kontaktpersonen des Opfers. Wer hat Patrick nach dem 31. Juli 1999 noch lebend gesehen? Wer kannte ihn ? Wer kann Hinweise auf mögliche Zeugen geben? Wer hat Beobachtungen gemacht, die mit einem möglichen Tatgeschehen oder einem potenziellen Tatverdächtigen in Zusammenhang stehen könnten? Für Hinweise, die zur Aufklärung der Tat führen, hat die Staatsanwaltschaft Tübingen 2000 Euro Belohnung ausgesetzt. Hinweise erbittet die Kripo unter Telefon 07 11 / 39 90-0.