Cesar Millan hat ein Herz für schwierige Hunde Foto: dpa

Der amerikanische Hundetrainer Cesar Millan ist ebenso berühmt wie umstritten. Im Interview spricht er über nötige Härte, falsche Zuneigung und die Rottweiler von Will Smith.

Stuttgart - Cesar Millan ist ebenso berühmt wie umstritten. Die Methoden des amerikanischen Hundetrainers werden von vielen heftig kritisiert, doch sein Auftritt am 25. September in der Stuttgarter Porsche-Arena ist bereits Wochen vorher ausverkauft.
Mister Millan, von Ihnen stammt der Satz: „Die Hälfte aller Hunde denkt, ihr Name sei ‚Nein‘!“
So ist es! Die meisten Leute mögen Hunde, aber kennen sie nicht wirklich. Deshalb ist das Einzige, was ihnen einfällt, wenn ihr Hund etwas tut, das sie missbilligen, der Ausruf: „Nein!“ Sie sprechen mit dem Hund, als müsste er das verstehen. Es gibt in der Tat kein Wort, das Hunde häufiger hören. Deshalb sage ich ja immer: Ich bringe den Besitzern was bei und rehabilitiere die Hunde.
Ihre Methoden sind aber sehr umstritten!
Das ist mir bewusst. Da wird viel missinterpretiert. Denn oftmals basiert die Analyse meiner Arbeit nur auf einem kurzen Clip, den Leute im Internet gesehen haben.
In manchen dieser Videos sieht es aus, als wollten Sie den Willen des Hundes brechen, indem Sie ihn unter starken Stress setzen.
Das ist die Ausnahme, nicht die Regel. Es gibt Fälle, wo ich genau das für richtig halte. Ein anderes Mal kann aber das gemeinsame Schwimmen oder Rollerbladen mit dem Hund das geeignete Mittel sein, um ihm zu helfen, wieder in Balance und Harmonie zu kommen. Es geht nicht darum, seinen Willen zu brechen, sondern um Führung. Meine Kunden sind Hundeliebhaber, werden aber von ihren Vierbeinern nicht respektiert. Man kann den eigenen Hund aber nicht nur lieben, sondern muss ihn auch führen. Wer das schafft, braucht mich nicht.
In Ihrer TV-Show setzen Sie auch Elektrohalsbänder ein. Quälen Sie damit die Tiere?
Da widerspreche ich energisch, denn ich bin Profi und weiß genau, wann und wie ich sie einsetze. Mein Ziel ist es, das Leben des Hundes zu retten. Ich habe Hunderte von Tieren resozialisiert und ihre Besitzer gelehrt, wie sie ihre Hunde davor bewahren, jemals wieder ein Problem zu bekommen. Sie müssen verstehen, dass die Hunde, mit denen ich arbeite, keine Streichel- oder Schoßhunde sind. Die Tiere haben vielleicht schon mal jemanden gebissen und schon andere Hundetrainer Nerven gekostet. Wenn es nach mir ginge, würde ich die Besitzer lieber unterrichten, bevor sie sich einen Hund zulegen!
Sind Freundschaft und Vertrauen auch für Sie die Eckpfeiler der Mensch-Hund-Beziehung?
Schon mein Großvater sagte mir: „Du musst das Vertrauen der Hunde gewinnen und ihren Respekt – und dann geben sie dir das schöne Geschenk der Loyalität.“ Das wurde zu meiner Philosophie. Ich lernte, selbstsicher zu sein. Und dann lernte ich, meine Zuneigung auszudrücken, wenn die Tiere in entspanntem Zustand sind. Ich bin auf einer Farm in Mexiko aufgewachsen, da lernt man, sich auf das Tier einzulassen.
Und das ist bei Stadtmenschen anders?
Absolut! Die geben dem Hund ihre Zuneigung, wenn er aufgedreht ist. Oder sie forcieren diese Aufregung noch. Das ist der Grund, warum viele Hunde nicht auf Leute in der Großstadt hören.
Also sind Landhunde generell die glücklicheren Tiere?
Könnte man so sagen. Vierbeiner auf dem Land sind schlanker und haben keine psychischen Probleme wie Stadthunde, die drei Betten, Weihnachtsgeschenke und Geburtstagspartys bekommen. Warum haben Stadthunde Probleme? Weil es ihnen oftmals an Bewegung und mentaler Stimulation mangelt. Stattdessen bekommen sie eine überschüssige Menge an Aufregung und Futter, ohne etwas dafür getan zu haben.
Stimmt es, dass Ihre Karriere mit einem Rudel Rottweiler begonnen hat, die Sie unangeleint in heruntergekommenen Gegenden in Los Angeles Gassi geführt haben?
So war’s. Wenn ich in Beverly Hills angeheuert hätte, dann wären es wohl ausschließlich Labradore gewesen. Aber die nützen dir in Gangster-Vierteln nichts. Die Besitzer von Rottweilern und Pitbulls waren frustriert, weil sie auf der Straße schief angeguckt wurden. Die ließen ihre Hunde nur noch im Hinterhof laufen. Als illegaler Einwanderer ohne Job bot ich den Haltern an, umsonst ihren Hund auszuführen. Die Basketballspieler der Los Angeles Lakers im benachbarten Stadion waren die Ersten, die auf mich aufmerksam wurden. Sie nannten mich nur den verrückten Mexikaner, der mit 40 Hunden unangeleint spazieren geht. Damals wusste ich nicht, dass das illegal ist in Amerika.
Heute stehen Sie sogar Promis wie Pink, Marc Zuckerberg, Oprah Winfrey und ihren Vierbeinern zur Seite. Wie kam es dazu?
Ich war noch keine vier Jahre in Amerika, da habe ich Jada Pinkett (Anm. d. Red.: US-Schauspielerin) über einen Kunden von mir kennengelernt. Sie war beeindruckt davon, was ich für die Hunde ihrer Freunde getan hatte. Einen Monat später hatte sie sich nicht nur mit Will Smith verlobt, sie schenkte ihm auch noch zwei Rottweiler. Aber die Hunde rauften ständig miteinander. Jada rief mich also an und fragte, ob ich ihrem Freund helfen könnte. So traf ich Will Smith.
Ist Will Smith ein guter Hundemensch?
Jada ist definitiv die Hundefrau in der Familie! Jede Familie hat einen Menschen, der bei den Hunden die Hosen anhat. Will Smith ist nicht der Leitwolf, Jada ist es! Dabei ist sie so eine zierliche Person. Die Familie hat heute vier Rottweiler. Aber sie ist selbstbewusst im Umgang mit Hunden. Und nur darauf kommt es an.
Mittlerweile sind Sie in der ganzen Welt missionarisch unterwegs. Was werden Sie denn bei Ihrer ersten Deutschlandtour zeigen?
Menschen lernen durchs Zuhören, Sehen und Fühlen. Ich bringe alle drei Elemente zusammen, damit die Leute Hunde besser verstehen. Aber Spaß und Humor werden dabei auch nicht zu kurz kommen – versprochen!