Durch Raubbau, Versiegelung, Verschmutzung und Erosion wird fruchtbarer Boden immer knapper – auch in Deutschland. Dabei ist die Erde unter unseren Füßen unser kostbarstes Gut, ohne das wir nicht überleben können. Foto: Imago/Imagebroker

Viele Menschen verbinden mit dem Wald vor allem Ruhe und Natur. Ackerbau, Industrie und Klimawandel haben den Wäldern des Landes aber zugesetzt. Deshalb soll die Bedeutung von gesunden Waldböden nun hervorgehoben werden.

Die Wälder gelten als extrem wichtige Faktoren im Kampf gegen die Klimakrise. Der Waldboden als Fundament ist deshalb zum „Boden des Jahres 2024“ gewählt worden. Das hat das Johann Heinrich von Thünen-Institut in Braunschweig zusammen mit dem Kuratorium Boden des Jahres am Dienstag anlässlich des Weltbodentags (World Soil Day) der Vereinten Nationen am 5. Dezember mitgeteilt.

Waldböden – Grundlage für Biodiversität

Ein Eichenblatt mit Tropfen liegt im Lennebergwald in einer von Wildschweinen aufgewühlten Stelle im Boden. Die Wälder gelten als wichtige Faktoren im Kampf gegen die Klimakrise. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Waldböden seien nicht nur wichtig für Bäume, sondern spielten auch für die Biodiversität von Lebewesen eine wichtige Rolle. „Darüber hinaus sind sie ein wichtiger Kohlenstoffspeicher“, wie das Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei (Thünen-Institut) zur Begründung erklärt.

Durch Humusbildung speichern Waldböden demnach hohe Mengen an organischem Kohlenstoff und stabilisieren das Klima. Zudem werde sauberes Trinkwasser durch die Filter- und Pufferfunktion der Waldböden ermöglicht.

Klimawandel trifft Wald und Böden hart

Eichel der Stieleiche mit frischem Trieb. Foto: Imago/Imagebroker

Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass durch ackerbauliche Nutzung der Anteil an Waldböden in Deutschland deutlich zurückgegangen sei. Wälder befinden sich demnach meist auf nährstoffärmeren und steinigeren Böden, was sie besonders sensibel macht.

Viele Jahre sei der Waldboden durch Schwermetalle und Nährstoffverarmung geschädigt worden. Der Klimawandel treffe den Wald massiv, auf Flächen so groß wie das Saarland seien die Wälder durch Trockenstress und Baumkrankheiten bereits abgestorben.

Die Böden des Waldes seien dynamische, äußerst lebendige Lebensräume, die dazu beitragen, die Wälder im Gleichgewicht zu halten, betont Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) als Schirmherr. 2023 war der Ackerboden „Boden des Jahres“.

Weltweite Zerstörung der Ressource Boden

Ein Landwirt mit seinem Traktor bei der Feldarbeit. Foto: Imago/Westend61

Der Weltbodentag lenkt den Blick auf die Bedeutung des Bodens für das Überleben der Menschheit und die Zerstörung dieser neben Wasser und Luft wichtigsten Ressource.

Der Mensch tritt den Boden mit Füßen, behandelt ihn wie Dreck, missbraucht ihn als Mülldeponie. Er wird vergiftet und versiegelt, er erodiert und wird weggeschwemmt. Während die Weltbevölkerung rasant wächst – bis 2050 könnten rund zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben –, schrumpft die weltweite Fläche, auf der Nahrung, Futtermittel und nachwachsende Rohstoffe gedeihen.

Jedes Jahr gehen durch falsche Nutzung mehr als 220 Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden verloren. Nach Angaben der Vereinten Nationen wird „alle fünf Sekunden das Äquivalent eines Fußballfeldes des Erde abgetragen“. Allein in Deutschland werden pro Tag mehr als 70 Hektar mit Fabrikhallen, Häusern und Straßen zugepflastert. Das sind über 100 Fußballfelder.

Fruchtbarer Boden wird immer knapper

Englisches Rebhuhn bei der Futtersuche auf gepflügtem Feld im Frühjahr. Foto: Imago/Imagebroker

Laut UN sind bereits mehr als 33 Prozent der Böden der Erde degradiert. 90 Prozent könnten sich bis 2050 verschlechtern. Damit ist Folgendes gemeint: Die Verschlechterung der Bodeneigenschaften durch Erosion oder trockene Sommer ist ein natürlicher geologischer Vorgang. Doch durch Überweidung, Entwaldung, Intensiv-Landwirtschaft sowie Straßen- und Siedlungsbau wird dieser Prozess so stark beschleunigt, dass unsere Lebensgrundlage ernsthaft in Gefahr gerät.

Um den wachsenden Bedarf an Nahrung zu decken, müsste die Produktion bis 2050 um rund 70 Prozent wachsen. In den Entwicklungsländern wäre wegen des stärkeren Bevölkerungswachstums sogar eine Verdopplung nötig. Tatsächlich geht aber immer mehr Ackerland durch Verstädterung, Raubbau, Industrialisierung, Versteppung, Versalzung und Bodenerosion verloren.

Mehr Menschen, weniger Agrarflächen

Fakt ist: Alle Fortschritte werden durch das unbegrenzte globale Bevölkerungswachstum und die anthropogen bewirkte Degradation der Böden – also die Verschlechterung der Bodenfruchtbarkeit – zunichte gemacht.

Nach Angaben des „Bodenatlas“ verschlechtert die Bodendegradation jedes Jahr eine Fläche von der Größe Österreichs. Der „Bodenatlas“ wird von der Heinrich-Böll-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Potsdamer Forschungsinstitut IASS, dem BUND und Le Monde Diplomatique herausgegeben.

Hotspot Asien

Arbeiter mit Motorpflug bei der Arbeit in den terrassierten Reisfeldern von Jatiluwih im Hochland von Westbali (Indonesien). Foto: Imago/Imagebroker

Am schlimmsten betroffen ist Asien, wo bereits rund 40 Prozent der Böden schwere Mangelerscheinungen aufweisen. Besonders betroffen sind auch Trockengebiete, die 40 Prozent der Landfläche der Erde ausmachen und zu gut 70 Prozent geschädigt sind.

Dem rasanten Wachstum der Weltbevölkerung stehen schwindende Anbauflächen gegenüber, deren Böden immer mehr ausgelaugt werden. Ursachen für diese besorgniserregende Entwicklung sind:

  • Vernichtung der Vegetationsdecke durch Abholzung, Brandrodung oder Überweidung
  • Misswirtschaft durch den Anbau von Monokulturen und den massiven Einsatz von Kunstdünger
  • Verschmutzung mit Abfällen
  • Zerstörung der Bodenstruktur durch Maschinen und große Nutztierbestände, die den Boden verdichten, so dass er nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Wasser versorgt wird.

Mehr Menschen – höherer Konsum

Straße mit roter Erde in der Serra da Canastra, Bundesstaat Minas Gerais (Brasilien). Brasilien, Foto: Imago/Imagebroker

Die UN-Ernährungsorganisation FAO rechnet bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts fast mit einer Verdoppelung der Welt-Fleischproduktion von rund 250 auf 463 Millionen Tonnen. Vor allem Schwellenländer wie China heizen die Nachfrage nach hochwertigen Nahrungsmitteln an. Der Pro-Kopf-Fleischverbrauch ist dort seit 1980 von 20 auf 50 Kilogramm pro Jahr gestiegen (Deutschland: 60,5 Kilogramm, USA: 125 Kilogramm).

Heute werden Rinder, Schweine und Hühner für den Weltmarkt mit Getreide und Soja gemästet. Während etwa 33 Prozent der weltweiten Anbauflächen für die Produktion von Viehfutter genutzt werden – in der Europäischen Union landen sogar 60 Prozent der Getreideernte in Tier-Mägen –, muss fast eine Milliarde Menschen hungern.

Globale Landfläche schwindet

Ausgetrockneter, rissiger Ackerboden. Foto: Imago/Frank Sorge

Die globale Landfläche umfasst nach Angaben des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung rund 13 Milliarden Hektar Land. Davon sind etwa 3,2 Milliarden Hektar potenzielles Anbauland, wobei de facto knapp die Hälfte für die Landwirtschaft zur Verfügung steht.

Laut Welthungerhilfe müsste bis 2030 die verfügbare landwirtschaftliche Fläche um mehr als 500 Millionen Hektar wachsen, um eine ausreichende Versorgung der Weltbevölkerung zu gewährleisten. Diese gewaltige Fläche könne aber nur zur Hälfte durch ungenutzte landwirtschaftliche Areale und optimierte Produktionsbedingungen gedeckt werden.

Öko-Landbau – ein Weg aus der Krise?

Es bedarf nicht einer weiteren UN-Konvention zum Schutz der Böden, sondern der Einsicht jedes Einzelnen, dass der Boden unter unseren Füßen die Basis für alle anderen Ökosysteme und damit für das Überleben der Menschheit ist.

Ein Weg dorthin führt über den Öko-Landbau im globalen Stil. Das bedeutet: verstärkter Fruchtwechsel für den Schutz der Artenvielfalt, mehr organische Düngung für Humusbildung und eine Regeneration der Böden, weniger Viehwirtschaft und Monokulturen.